Volker Jörn Walpuski ist seit September 2023 Professor für Supervision und Coaching an der EH Freiburg. Im Gespräch lässt er seine Erfahrungen mit dem Berufungsverfahren Revue passieren und gibt Tipps für eine erfolgreiche Bewerbung.
ev.olve: Herr Walpuski, für die Berufung auf eine Professur an einer Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) werden verschiedene Qualifikationen vorausgesetzt. Lassen Sie uns diese kurz anschauen. Als Erstes: Ein abgeschlossenes Hochschulstudium. Das haben Sie sicher? Ich habe sogar drei Studiengänge abgeschlossen: Diplom-Religionspädagogik an der Evangelischen Fachhochschule Hannover, dann an der Kirchlichen Hochschule Wuppertal/Bethel einen Master in Diakonie-Management und später den Master Mehrdimensionale Organisationsberatung an der Universität Kassel.
Haben Sie promoviert? Ja. Ich hatte schon mal um die Jahrtausendwende einen Anlauf gemacht, mit meinem FH-Abschluss zu promovieren. Aber als externer Promovend habe ich das neben der Berufstätigkeit wieder aus den Augen verloren. Erst nach meinem zweiten Master habe ich dann neben meiner selbstständigen Arbeit als Supervisor und Organisationsberater wieder eine Dissertation begonnen. Allerdings endete die Bewerbungsfrist an der EH Freiburg, bevor ich mit der Promotion fertig war. Ich habe also angerufen und die Rektorin gefragt: „Ich habe die Arbeit abgegeben, aber noch nicht verteidigt – kann ich mich trotzdem bewerben?“ Als Frau Kirchhoff sehr ermutigend reagiert hat, habe ich meine Bewerbung noch als Unpromovierter eingereicht und auf das Beste gehofft.
Dafür brachten Sie mit Ihrer langjährigen Tätigkeit als Supervisor und Organisationsberater die geforderte Berufserfahrung mit: fünf Jahre, davon mindestens drei außerhalb der Hochschule. Das nächste Kriterium lautet: Lehrerfahrung. Muss man auch hier ein Minimum nachweisen? Nein, aber eine grundsätzliche Eignung für das Lehren und die Arbeit in und mit Gruppen sollte schon vorhanden sein. Durch meine Berufserfahrung konnte ich das gut nachweisen, daneben hatte ich sehr unterschiedliche Lehrerfahrungen auch in ganz anderen Studiengängen. Denn meine Themen liegen ohnehin ein wenig quer zu den klassischen Fakultätsgrenzen. Ich habe zum Beispiel am Zentrum für Schlüsselqualifikationen der Hochschule Hannover Sozialkompetenzen in Maschinenbau- und Elektrotechnikstudiengängen unterrichtet. Später habe ich an der Universität Hannover Konfliktbearbeitung und zuletzt an der Universität Bielefeld in Erziehungswissenschaft gelehrt. Ich habe also zehn Jahre unterschiedlichste Lehrerfahrung.
Mein Herz schlug immer schon für die Pädagogik, was auch den Ausschlag für mein erstes Studium der Religionspädagogik gab. Ich genieße es, anderen etwas nahebringen zu können.
Schlägt Ihr Herz also stärker für die Lehre als für die Forschung? Mein Herz schlug immer schon für die Pädagogik, was auch den Ausschlag für mein erstes Studium der Religionspädagogik gab. Ich genieße es, anderen etwas nahebringen zu können. Für Forschung habe ich mich erst während meines zweiten Masterstudiums richtig begeistern können. Bei meiner Dissertation habe ich das dann ausgekostet: ein Forschungsprojekt nicht nur fertig, sondern rund zu bekommen.
Wie sind Sie auf die Idee gekommen, sich auf eine Professur an der EH Freiburg zu bewerben? Ich habe in der Promotionsphase das Feedback bekommen, dass eine Professur zu mir passen würde. Als ich dann aber nach geeigneten Stellen gesucht habe, war das gar nicht so einfach. Häufig werde ich erst als Religionspädagoge wahrgenommen, dann habe ich noch zwei Masterabschlüsse, die keiner so richtig zuordnen kann, die aber meine wissenschaftliche Entwicklung gut zeigen. Dann habe ich die Ausschreibung der EH Freiburg gesehen: eine Professur für Supervision, die einzige in Deutschland. Ich bin Supervisor, habe über Supervision promoviert – was für eine glückliche Fügung!
Wie zeitaufwendig war dann die Bewerbung? Man muss gar nicht so viel Zeit investieren, sondern vor allem Geduld. Es ist ein langwieriges Verfahren. In meinem Fall war der Bewerbungsschluss im Dezember, dann habe ich Ende Februar die Einladung für die Vorstellungsgespräche im April und die Probevorlesung im Mai bekommen. Bis dann die Berufung ausgesprochen wurde und der Arbeitsvertrag vorlag, war es Juni oder Juli. Und das war wohl ein vergleichsweise schnelles Verfahren.
Ich habe nach meiner Berufung mit dem Baden-Württemberg-Zertifikat Hochschuldidaktik begonnen. Das ist zwar nicht verpflichtend, aber ich bin sehr dankbar für dieses Angebot.
Ihre Bewerbung war erfolgreich. Welche Tipps würden Sie anderen geben? Es ist wichtig, sich Gedanken über das eigene Profil zu machen und zu zeigen: Das kann ich, dafür stehe ich. Als Professor hat man keine Vorgesetzten mehr. Man muss selbst Position beziehen, sich im wissenschaftlichen Diskurs verorten, bestimmte Theorien favorisieren und andere begründet ablehnen. Wenn das eigene Profil anschlussfähig ist an das Profil der Hochschule, dann passt es.
Wie haben Sie Ihre Vorstellungsgespräche erlebt? Meine Disputation war im Vergleich fast einfacher! Als Berater und Supervisor versuche ich in jeder Gesprächssituation eine Beziehung aufzubauen. Das wird aber im Vorstellungsgespräch systematisch verhindert, aus gutem Grund: Reihum stellt jede*r eine Frage, man muss immer jemand anderes anschauen, es gibt kaum einen Gesprächsfluss. Als Bewerber*in muss man sich klarmachen, dass dieses etwas unnatürliche Verfahren für Rechtssicherheit sorgen soll. Eine Professur ist eine exponierte Stelle, und dieses Vorgehen stellt eine gewisse Objektivität und Vergleichbarkeit her.
(Protokoll: Stefanie Hardick)
Alle Fotos: Bilger Film & Fotodesign