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Interreligiöse Weiterbildung – Seelsorge im Justizvollzug

Bundesweit erste Weiterbildung für Seelsorgende unterschiedlicher Religionszugehörigkeit

Das gibt es bislang in Deutschland noch nicht: Eine interreligiöse Qualifikation für seelsorgliche Begleitung im Justizvollzug – vor allem von Gefangenen, deren Angehörigen und auch den in den JVA arbeitenden Bediensteten. Im Rahmen der Auftaktveranstaltung für die neue Weiterbildung waren für ein Grußwort bzw. Impulse eingeladen: Kirchenrätin Sabine Kast-Streib, Geschäftsführende Direktorin des Zentrums für Seelsorge (ZfS) und Leiterin der Abteilung Seelsorge im Evangelischen Oberkirchenrat; Ministerialrat Dr. Joachim Müller, Abteilung Justizvollzug – Ministerium der Justiz und für Migration Baden-Württemberg; Kantor Moshe Hayoun, Israelitische Gemeinde Freiburg; Pfr. Dr. theol. Frank Stüfen, Universität Bern; Prof.in Dr.in Naime Cakir-Mattner, Justus-Liebig-Universität Gießen. Der die Konzeption der Weiterbildung begleitende Beirat war ebenfalls zu Gast. In ihm kommen Vertreter*innen von Hochschulen und Universitäten, des Justizministeriums Baden-Württemberg, jüdischer und muslimischer Institutionen sowie christlicher Kirchen zusammen.

Die Evangelische Hochschule Freiburg hat sich der Herausforderung gestellt, eine Qualifizierung für Seelsorgende unterschiedlicher Religionszugehörigkeit zu entwickeln: trotz oder gerade weil die rechtlichen Rahmenbedingungen für christliche und muslimische Seelsorge unterschiedlich sind und es auch bereits eine Vielfalt an Qualifikationen der Seelsorge gibt.

4 Gründe hierfür sind:

  • Recht ist aus guten Gründen oft nachgängig und folgt politischen Entwicklungen. Wir halten es jedoch für richtig und wichtig, schon vorher tätig zu werden und den Diskurs mitzugestalten.
  • Wir wollen Strukturen für die Vernetzung der seelsorglich Tätigen schaffen: zugunsten der Menschen im Justizvollzugswesen aber auch zugunsten der seelsorglich Tätigen. Vielfach ist Kooperation eine Möglichkeit, den selbst gesetzten Standards der Begleitungen von Menschen besser entsprechen zu können.
  • Als Hochschule wollen wir professionell Handelnde befähigen, die Religiosität ihrer Zielgruppen als Ressource zu nutzen. Subjektorientiert, zum Wohle des Individuums wie der Gesellschaft.
  • Wir sind der Überzeugung, dass die Kirchen hier einen besonderen Auftrag und auch eine besondere Kompetenz haben. Als Hochschule in kirchlicher Trägerschaft sind wir geradezu prädestiniert für diese Aufgabe.

Informationen zur Weiterbildung

Die Evangelische Hochschule bietet ab dem Wintersemester 2024/25 die bundesweit erste Weiterbildung an, die Seelsorgende unterschiedlicher Religionszugehörigkeit gemeinsam qualifiziert. Die Konzeption basiert auf den aktuellen Anforderungen an professionelles seelsorgliches Handeln im Justizvollzug. Die Weiterbildung erfasst auch die Anforderungen der bundesdeutschen Justizministerien an eine interreligiöse Zusammenarbeit im Vollzug.

Die Gefängnisseelsorge ist ein wichtiges Element der Begleitung von Gefangenen und seit Jahrzehnten Bestandteil des Strafvollzugs. Sie steht allen offen, unabhängig von ihrer Religionszugehörigkeit oder Weltanschauung. In den Gesprächen mit Seelsorger*innen kann es um Sinn- wie um Glaubensfragen gehen, um die Aufarbeitung der Straftat, um die Bewältigung von persönlichen Krisen. Die Gefängnisseelsorge nimmt das gesamte Gefängnissystem in den Blick und arbeitet auch mit Bediensteten und den Angehörigen der Gefangenen.

Das staatliche Interesse an der Seelsorge richtet sich zudem darauf, im Strafvollzug integrativ zu wirken .

Deutsche und europäische Gefängnisse sind ein Abbild der Gesellschaft: multiethnisch, multikulturell, multireligiös. Globale ökonomische Prozesse, transnationale Wanderungsbewegungen und eine inter- und transnationale Kriminalität machen aus dem Gefängnis ein globales Dorf – mit allen Schwierigkeiten und Chancen, die das beinhaltet.

Praxis der Seelsorge

… ist die Begleitung von Menschen bei ihrem religiösen Zugang zur Realität. Da immer mehr Menschen aus unterschiedlichen religiösen Traditionen in die Haftanstalten kommen, verändert sich auch die Seelsorgepraxis. Eine Sensibilität für verschiedene religiöse Zugänge zur Wirklichkeit und vor allem die eigene Haltung der Seelsorgenden gegenüber anderen Kulturen und Religionen wird zunehmend wichtig. In der Seelsorgepraxis geht es vermehrt um ein interkulturelles und interreligiöses Verständnis.

Beirat – Beratung und Vernetzung

Ein Beirat aus Vertreter*innen von Hochschulen und Universitäten, des Justizministeriums Baden-Württemberg, jüdischer und muslimischer Institutionen und christlicher Kirchen unterstützt die konzeptionelle Entwicklung der Weiterbildung und die Gestaltung der Kommunikationsprozesse.

Mitglieder

  • Prof.in Dr.in Naime Cakir-Mattner, Professorin für Islamische Theologie mit dem Schwerpunkt muslimische Lebensgestaltung, Justus-Liebig-Universität Gießen
  • Abdassamad El Yazidi, Generalsekretär des Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD)
  • Pfarrerin Lotte Jung, Mitglied der Synode der EKD
  • Kirchenrätin Sabine Kast-Streib, Leiterin der Abteilung Seelsorge im Evangelischen Oberkirchenrat Karlsruhe, Geschäftsführende Direktorin des Zentrums für Seelsorge, Evangelische Landeskirche in Baden
  • Dr. Joachim Müller, Ministerialrat, Ministerium der Justiz und für Migration Baden-Württemberg
  • Seat Uzeirovski, Seelsorger/ Abteilung für Familie und soziale Dienste / Türkisch Islamische Union der Anstalt für Religion e.V. (DITIB)
  • Landesrabbiner Rabbiner Moshe Flomenmann, Israelitische Religionsgemeinschaft Baden

Detailinfos zur Weiterbildung

Zielgruppe

  • Personen, die in einem Gefängnispfarramt, einem analogen seelsorglichen Dienst oder in einem Spezialamt der Seelsorge im Feld des Justizvollzugs tätig sind oder eine solche Tätigkeit anstreben
  • kirchliche und staatliche Institutionen, die ihre Mitarbeiter*innen für eine Arbeit im Gefängnis schulen lassen wollen

Dauer/Veranstaltungsform

  • Gesamtdauer 18 Monate.
  • neun Präsenzwochenenden an der EH Freiburg, berufsbegleitend, blended learning
  • zusätzlich Selbststudium und Supervision (Supervisions- und Intervisionsgruppen)

Start der Weiterbildung

  • erstmals Wintersemester 2024/2025
  • jährlich zum Beginn des Wintersemesters (Oktober)

ECTS-Punkte

  • 15 ECTS: 135 h Kontaktpräsenz, 315 h Selbststudium

Gebühren

  • 2.900 Euro

Lehrende/Praxis

  • aus dem Praxisfeld Gefängnisseelsorge
  • aus dem Hochschulbereich (unterschiedliche Fachrichtungen)

Zulassungsvoraussetzungen

Die Weiterbildung setzt den erfolgreichen Abschluss eines einschlägigen Bachelor- Studiengangs (BA) voraus. Diplom- und andere Studiengänge, die mindestens DQR 6 (Hochschule) entsprechen, werden anerkannt. Zu den hier einschlägigen Studiengängen gehören beispielsweise BA-Studiengänge der Religions- und Gemeindepädagogik, der christlichen und muslimischen Theologie sowie Judaistik. Zu den einschlägigen Studiengängen gehören auch Studiengänge der Pädagogik und der Sozialen Arbeit, sofern sie Lehrveranstaltungen enthalten, die grundlegende Themen christlicher, jüdischer oder muslimischer Theologie zum Gegenstand hatten.

Katholische und Evangelische Seelsorger*innen (Pfarrpersonen, Diakon*innen, Pastoralreferent*innen), Imame sowie jüdische Geistliche, die bereits ihren Dienst in einer JVA angetreten haben oder sich darauf vorbereiten, können die Weiterbildung als Grundqualifizierung für ihren Dienst nutzen.

Abschluss

  • CAS-Zertifikat, Niveau 7 nach DQR

Berufliche Tätigkeitsfelder

  • im Gefängnissystem in Deutschland: Arbeit mit Gefangenen, Justizvollzugsbediensteten und Angehörigen von Gefangenen

Zulassung zur Weiterbildung / Einsatz in JVA

Über die Zulassung zu dieser Weiterbildung entscheidet die Evangelische Hochschule Freiburg; über den Einsatz in einer Justizvollzugsanstalt (JVA) entscheiden im Fall der christlichen Kirchen zum einen die Gliedkirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland bzw. die Diözesen und andererseits das Justizministerium des jeweiligen Bundeslandes. Über den Einsatz der muslimischen und jüdischen Seelsorger*innen entscheidet das zuständige Justizministerium.

Der erfolgreiche Abschluss der Weiterbildung führt mithin nicht automatisch zu einem Einsatz im Justizvollzugswesen. Bitte sprechen Sie uns ggf. an.

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