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Deutsche Alkoholpolitik kann Modell für Umgang mit Cannabis sein

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Prof.in Dr.in Anke Stallwitz; Foto: Bernd Schumacher

Drogenforscherin Anke Stallwitz schlägt einen an die deutsche Alkoholpolitik angelehnten Umgang mit Cannabis vor. Verhaltensweisen und -normen im Drogenmilieu weltweit hat die Professorin für Sozialpsychologie zu ihrem Forschungsschwerpunkt gemacht.

Im Juni 2024 hat sie in Montreal auf der Konferenz der International Society for the Study of Drug Policy über die Erfahrungen verschiedener Länder im Umgang mit Cannabis und die möglichen Learnings für Deutschland gesprochen. Die Legalisierung in Kanada und in den USA habe bisher keine signifikanten Veränderungen in der Verbreitung von Cannabiskonsum bei Jugendlichen bewirkt. Im Hinblick auf die Auswirkungen von Cannabiskonsum auf das jugendliche Gehirn könne geschlussfolgert werden, dass moderater Konsum von Cannabis mit möglichst geringem THC-Gehalt und ausreichendem CBD-Gehalt bei möglichst spätem Beginn bei älteren Jugendlichen (mindestens 16 Jahre) ein relativ geringes Schadenspotential birgt. THC – Tetrahydrocannabinol ist hauptverantwortlich für die psychoaktive Wirkung von Cannabis. CBD – Cannabidiol puffert die potentiell negativen Effekte des THCs durch seine angstlösenden und antipsychotischen Eigenschaften ab.

Verschiedene nordamerikanische Studien wiesen darauf hin, so Stallwitz, dass die Auswirkungen von Alkohol auf jugendliche Gehirnstrukturen vergleichsweise umfassender und einschneidender sind als von Cannabis.

Vor diesem Hintergrund und angesichts des Anteils von etwa einem Drittel der 16- und 17-Jährigen in Deutschland, die bereits Cannabis konsumieren oder ausprobiert haben, schlägt Anke Stallwitz einen an die deutsche Alkoholpolitik angelehnten Ansatz vor:

  • Zugang zu einer limitierten Menge (z.B. 3g/Tag und max. 10-20g/Monat) THC-reduziertem Cannabis (max. 10 Prozent mit ausreichendem CBD-Gehalt (mind. 10 Prozent)
  • geknüpft an ein obligatorisches Informations- und Beratungsgespräch mit einer für Jugendliche vertrauenswürdigen Person, die über die Risiken von Cannabiskonsum für Jugendliche aufklärt und die Prinzipien risikokompetenten Subtanzkonsums vermittelt.

Prof.in Dr.in Anke Stallwitz bringt sich auch im innerdeutschen Fachdiskurs zum Umgang mit Cannabis ein. Vor allem die Prävention von Schaden bei Jugendlichen hat sie in ihrem Fokus. Stallwitz: „Die Legalisierung in Deutschland kann ähnlich wie in Kanada eine entstigmatisierende Auswirkung für Konsumierende haben, so dass die Hemmschwelle, Hilfeeinrichtungen aufzusuchen, reduziert wird.“

Sie betont, dass die aktuelle Situation eines drogenpolitischen Paradigmenwechsels eine große Chance biete, bei der Jugendprävention umzudenken und innovative, zum Beispiel partizipative Ansätze zu entwickeln, die sich an der Lebenswelt der jungen Menschen orientieren.

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  • Mein Weg: Anke StallwitzAls Wissenschaftler*in den eigenen Weg zu finden, ist eine große Herausforderung. Anke Stallwitz, Professorin für Sozialpsychologie an der EH Freiburg, hat sich einen Namen als Spezialistin für Drogenszenen in internationalen Kontexten gemacht. Wie ist ihr das gelungen? Ein Blick zurück.
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