CELIS markiert einen neuen Qualitätsstandard der trinationalen Kooperation in der Sozialen Arbeit zwischen Deutschland, Frankreich und der Schweiz. Ziel ist es, Studiengänge kompatibel zu gestalten, gemeinsame Weiterbildungsangebote zu entwickeln, den Austausch in Praxis und Forschung zu fördern – etwa im Kinderschutz, Fachkräfte zu mobilisieren und sie für das Dreiländereck fit zu machen.
Ein starkes demokratisches Europa entsteht nicht qua Beschluss auf Gipfeltreffen, sondern es wächst in der stetigen Zusammenarbeit auf allen Ebenen. Der Europäische Campus für Soziale Arbeit, kurz CELIS, schafft hierfür gute Bedingungen. CELIS steht für die französische Bezeichnung „Campuseuropéen de l’Intervention sociale“. Gefördert wird es durch das Programm „Interreg der Europäischen Union“, die Région Grand Est und das Collectivité Européenne d’Alsace. Interreg, offiziell „Europäische territoriale Zusammenarbeit“, ist Teil der Struktur- und Investitionspolitik der EU. Die Evangelische Hochschule Freiburg ist als erfahrene Partnerin im Dreiländereck von Beginn an beteiligt – mit einem besonderen Schwerpunkt: dem grenzüberschreitenden Kinderschutz. Damit im Dreiländereck die Zukunftsaufgaben geschultert werden können, werden Fachkräfte der Sozialen Arbeit und Pädagogik mit spezifischen Qualifikationen gebraucht. Notwendig sind neben Sprachkenntnissen vor allem Fachkenntnisse über rechtliche Rahmenbedingungen, Trägerstrukturen, kulturelle Selbstverständnisse, Werte und Normen. Neu ist, dass im CELIS-Verbund Hochschulen und Praxisakteur*innen, beispielsweise Landkreise, Städte und Trägerstrukturen, gleichwertige Partner*innen sind.
Der RECOS-Verbund bildet die Grundlage für CELIS.
Langjährige Erfahrung als wichtige Ressource
Die Zusammenarbeit im Dreiländereck ist für die EH Freiburg kein Neuland. Sie knüpft an ihre über 30-jährige Erfahrung aus der Hochschulkooperation RECOS an, der Confédération des écoles Supérieures en Travail Social de la Regio, der Konföderation der Hochschulen des Sozialwesens in der Region. Der RECOS-Verbund bildet die Grundlage für CELIS, das jetzt auch Akteur*innen aus allen drei Ländern und aller Strukturebenen zusammenführt.
Die Internationalisierung zählt zu den strategischen Schwerpunkten der Evangelischen Hochschule, unterstützt durch den Senat Internationalisierung und ein europaweit vernetztes International Office. Die Hochschullehrenden richten beispielsweise ihre Lehre bi- und trinational aus, führen mit Kolleg*innen der Partnerhochschulen gemeinsame Studienprojekte und Lehrveranstaltungen durch und erarbeiten gemeinsame Curricula. Auch Verwaltungsmitarbeitende sind seit Projektbeginn dabei. Mit ihren teils bilingualen Kompetenzen erleichtern sie erheblich die Kommunikation im Projekt. Durch RECOS hat die EH Freiburg bereits einen bilateralen Vertrag mit der École Supérieure Européenne de l’InterventionSociale (ESEIS) in Straßburg: Studierende beider Hochschulen, die das RECOS-Programm absolvieren, erhalten einen Doppelabschluss. Dieser ist in beiden Ländern anerkannt und eröffnet damit gute berufliche Chancen in Frankreich und Deutschland. Ab Wintersemester 2025/2026 bieten auch weitere Hochschulen aus dem CELIS-Verbund diese Möglichkeit.
Erste Erfolge im Kinderschutz!
Kinderschutz ist ein Kernanliegen
Im Rahmen von CELIS werden drei Aktionsforschungsprojekte in Kooperation von Wissenschaftler*innen und Fachkräften aus der Praxis durchgeführt: „Bewegung, Sport und Inklusion“, „Nachhaltigkeit und Quartier“ sowie „Kinderschutz“. Letzteres wird gemeinsam von der EH Freiburg und der ESEIS verantwortet. Ziel ist es, tragfähige, kultursensible und systemübergreifende Strategien und Strukturen für den Kinderschutz in der trinationalen Oberrheinregion zu entwickeln. Ein Beispiel: Eine Mutter lebt mit ihrem Kind in Frankreich. Das Kind geht in Deutschland in die Schule, weil dort zuvor der Erstwohnsitz war und der Vater dort lebt. Die Schule stellt fest, dass es einen Hilfebedarf gibt, der an das Jugendamt in Deutschland gemeldet wird. Dadurch entstehen viele Fragen: Was versteht man unter „Kindeswohlgefährdung“ in Deutschland, Frankreich oder der Schweiz? Wer ist für die Finanzierung zuständig? Wer bahnt die Hilfe auf welcher behördlichen Ebene an? Und die Unterschiede zwischen den drei Ländern sind groß.
Für Sibylle Fischer, RECOS- und CELIS-Beauftragte der EH Freiburg, gibt es im Kinderschutz große Herausforderungen, aber auch erste Erfolge. Bereits vor dem Projekt CELIS war sie an dem „Vademecum für einen grenzüberschreitenden Kinderschutz“ beteiligt, einem Handbuch, das die Systeme in Deutschland und Frankreich gegenüberstellt. Außerdem bietet es ein deutsch-französisches Glossar, grenzüberschreitende Fallbeispiele, einen Leitfaden zur Vorbereitung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit sowie Schaubilder der Verwaltungssysteme und des Kinderschutzes. Gleichzeitig sollen Fallanalysen zeigen, wie grenzüberschreitende Zusammenarbeit konkret funktioniert. Diese Erkenntnisse fließen in Forschung und Lehre ein. Nun wird durch CELIS auch die Schweiz einbezogen. Die CELIS-Expert*innengruppe Kinderschutz mit Forschenden, Studierenden und Fachkräften trifft sich regelmäßig an wechselnden Orten im Dreiländereck, um sich über Herausforderungen zu informieren und bewährte Praktiken abzustimmen.
Aktuelle Fragestellungen sind beispielsweise: Welche Kooperationsstrukturen bestehen bereits und wie findet die Zusammenarbeit statt? Wie gelingt kultursensibler Kinderschutz in einem transnationalen Raum? Wie müssen gemeinsame Schemata für die Gefahreneinschätzung aussehen, die künftig in der Praxis angewendet werden können?
Mit Unterschieden rechnen
Im Projektalltag ist Kommunikation immer wieder eine Herausforderung: zwischen allen Akteur*innen. Unterschiedliche semantische Konnotationen und Mentalitäten erfordern ein Miteinander, das mit Unterschieden rechnet. Nicht zuletzt geht es auch um Sprachkenntnisse. Für Hochschulmitarbeitende, Praxispartner*innen und Studierende gibt es inzwischen Tandem-Sprachkurse: Es geht um Französisch und Deutsch, um dann in der neu erlernten Sprache miteinander zu diskutieren: Das ist oft überraschend und öffnet Perspektiven auf das Gegenüber.
Durch CELIS wird die Soziale Arbeit in Europa zukunftsfähig
Gesellschaftliche Relevanz zeigen
Das Engagement der EH Freiburg für RECOS und CELIS zeigt exemplarisch, welche gesellschaftliche Bedeutung Hochschulen für Angewandte Wissenschaften haben – über nationale und institutionelle Grenzen hinaus. Sibylle Fischer betont: „Ich bin überzeugt, dass wir zum Ende der CELIS-Förderphase ein solides Fundament für eine nachhaltige Zusammenarbeit im Dreiländereck gelegt haben. Und dass CELIS dazu beiträgt, die Soziale Arbeit in Europa zukunftsfähig zu machen.“
(Melanie Geppert)
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Vademecum pour une protection de l'enfance transfrontalière. Coopérer pour mieux protéger!; Vademecum für einen grenzüberschreitenden Kinderschutz. Kinderschutz – (k)ein Thema für die deutsch-französische Zusammenarbeit!?



