Die Evangelische Hochschule hat ihre Mitglieder - Mitarbeitende, Lehrbeauftragte und Studierende - zu einer Diskussion über die Ergebnisse und Folgen der ForuM-Studie zu sexuellem Missbrauch in der evangelischen Kirche und in der Diakonie Deutschland eingeladen. „Für uns als Hochschule war es sehr gewinnbringend, dass die Führungsebene unserer Trägerkirche und der Diakonie Baden, Landesbischöfin Heike Springhart und Diakonie-Vorständin Beatrix Vogt-Wuchter, zu diesem dreistündigen Austausch nach Freiburg gekommen ist. Sie haben eine offene Diskussion möglich gemacht, die die Hochschulmitglieder intensiv genutzt haben“, so Rektorin Prof.in Dr.in Renate Kirchhoff.
Unser Ziel ist eine diskriminierungssensible Hochschule. Nur das halten wir für einen realistischen und erfolgversprechenden Weg.

Seit mehreren Monaten beschäftigt sich die Evangelische Hochschule intensiv mit der ForuM-Studie, die im Januar 2024 veröffentlicht wurde. Nach Erscheinen haben sich die Professorinnen Nina Wehner und Gunda Wössner, beide gehören zum Kompetenzzentrum Gewalt im Geschlechterverhältnis an der Hochschule, mit der Studie, insbesondere dem Forschungsdesign, den Ergebnissen sowie den Empfehlungen befasst und ihre Schlussfolgerungen hochschulintern diskutiert.
Erkenntnisse aus der Studie fließen zum Beispiel in die Entwicklung des Schutzkonzepts der Hochschule für Prävention und Intervention ein, das im Wintersemester 2025 im ersten Entwurf vorliegen wird.
Eine weitere Auseinandersetzung mit der ForuM-Studie fand nun im Rahmen einer hochschulinternen Diskussion am 13. Januar 2025 statt.
Rektorin Renate Kirchhoff: „Unser Ziel ist – anders übrigens als an den staatlichen Hochschulen – eine diskriminierungssensible Hochschule und nicht eine diskriminierungsfreie Hochschule. Nur das halten wir für einen realistischen und erfolgversprechenden Weg. Diese Haltung verbindet uns mit der Haltung unserer Trägerin, der badischen Landeskirche. Denn wir können für die Hochschule nicht ausschließen, dass Mitglieder und Gäste Opfer von Belästigung und anderen Formen von Gewalt durch Hochschulmitglieder werden. Das war auch eine wichtige Erkenntnis aus der Studie, dass keine Organisation frei von Gewalt sein kann.“
Im Umgang mit sexualisierter Gewalt haben wir als Landeskirche und Diakonie einen Lernweg zurückgelegt.
„Dennoch haben wir noch viel vor uns, um zu einem betroffenengerechten und opfersensiblen Umgang mit sexualisierter Gewalt zu kommen. Der Beschluss von konkreten Maßnahmen als Konsequenzen aus den Erkenntnissen der ForuM-Studie durch die Synode der EKD in Würzburg ist ein richtiger und wichtiger Schritt gewesen und zeigt in seiner Bandbreite wie vielschichtig die Konsequenzen sein müssen. Zugleich gehört zu einer realistischen Aufarbeitung auch die Anerkenntnis, dass sich das Leid und die Gefährdung durch sexualisierte Gewalt nie ganz und gar erledigen oder abarbeiten lassen. Gerade weil das so ist, ist das entschiedene Handeln in konkreten Schritten nötig und unhintergehbar“, führt Landesbischöfin Springhart aus.
Für die Evangelische Hochschule ist die Beschäftigung mit der Studie auch deshalb relevant, weil sie ihre Studierenden für kirchliche und diakonische Handlungsfelder qualifiziert. Die Absolvent*innen ordnen mit der Studie Maßnahmen ihrer zukünftigen Anstellungsträger in Praxis oder Forschung ein.
Täter*innen suchen sich Tätigkeiten in Nischen, in denen sie nicht auffallen.
Alle Mitarbeiter*innen in der Diakonie Baden, ob in einer Verwaltungstätigkeit oder in der Praxis müssten inzwischen an Sensibilisierungsschulungen teilnehmen, erklärt Diakonie-Vorständin Vogt-Wuchter. Das verstärke die Aufmerksamkeit für den Mitmenschen bzw. Mitkolleg*in und sensibilisiere die Wahrnehmung der eigenen Erlebnisse. „So wird es für Täter*innen immer schwieriger, übergriffig zu handeln. Schon das ist eine positive Wirkung“, betont Vogt-Wuchter. Denn „Täter*innen suchen sich Tätigkeiten in Nischen, in denen sie nicht auffallen, in denen ganz besonders ein familiäres Vertrauen erforderlich ist und aufgebaut wird – zum Beispiel in der 1:1-Betreuung von Schutzbefohlenen“, ergänzt sie.
Diskutiert wurde hochschulintern auch, ob die „typisch evangelische Anfälligkeit“ (Hinweis: Formulierung aus Studie) eine ist, die auch für uns als Hochschule gilt und wenn ja, in welchen Settings?“, führt Kirchhoff aus. Deutlich greifbar sei in der Studie die Tendenz, den Täter*innen näher zu sein als den Betroffenen.
Deutlich greifbar ist in der Studie die Tendenz, den Täter*innen näher zu sein als den Betroffenen.
Mehr Informationen
- Link zur ForuM-Studie
- Link zum Überblick über die Präventionsarbeit in den evangelischen Landeskirchen und der Diakonie
- Link zum Schutzkonzept der Evangelischen Hochschule Freiburg (aktueller Arbeitsstand)
Hintergrund
An der Evangelischen Hochschule wird schon lange zum Thema sexuelle Belästigung und Missbrauch geforscht, und zwar insbesondere durch das Kompetenzzentrum Gewalt im Geschlechterverhältnis. Im Rahmen der Anwendungsorientierten Forschung werden Strukturen analysiert, die sexualisierte Gewalt befördern sowie Strukturen, die Betroffene unterstützen. Auch wurden diakonische Einrichtungen evaluiert und in einem Aufarbeitungsprozess beraten. Die Wissenschaftlerinnen Prof.in Dr.in Nina Wehner und Prof.in Dr.in Gunda Wössner sind Expertinnen zum Themenspektrum.