
„Füreinander streiten“ ist das Motto des Jahres für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit. Anlässlich seiner Eröffnung im Freiburger SWR-Studio, gab es zunächst eine Podiumsdiskussion (s. Foto) mit Vertreter*innen von Kommune, christlichen und jüdischen Religionsgemeinschaften und Wissenschaft zum Umgang mit ‚Streit‘.
Im Anschluss wurde der Lotte-Paepcke-Preis an zwei Projekte unter Leitung von Prof. Dr. Wilhelm Schwendemann verliehen: für besonderes Engagement im christlich-jüdischen Dialog. Der Preis erinnert an die gleichnamige jüdische Journalistin und Autorin, die viele Jahre in Freiburg lebte und den Nationalsozialismus versteckt überlebte. Sie blieb nach 1945 in Deutschland.
Für das Unterrichtsbuch „Gesicht zeigen gegen Antisemitismus“ für Lehrer*innen wurden Anna Sophie Verständig, Absolventin der Evangelischen Hochschule, Wilhelm Schwendemann und Christian Stahmann, Schuldekan a.D. des Kirchenbezirks Freiburg, ausgezeichnet. Ein weiterer Preis ging an York Breidt, Absolvent der Evangelischen Hochschule, Wilhelm Schwendemann, Norbert Krüger alias Jakob Matthiessen und Markus Herb für ihr Werk zu antisemitismuskritischer Bildungsarbeit in der Sekundarstufe 1.
Beide Veröffentlichungen sind Gemeinschaftsarbeiten, die nicht nur über Antisemitismus informieren, sondern die die Auseinandersetzung damit insbesondere im Bildungsbereich fördern wollen.
Das Lehr- und Unterrichtsbuch „Gesicht zeigen gegen Antisemitismus“ will eine fundierte Auseinandersetzung mit Antisemitismus fördern und Lehrende bei der Prävention in Schulen und Bildungseinrichtungen unterstützen. Für die Sekundarstufe I wird historisches Wissen vermittelt und darüber aufgeklärt, wie tiefverwurzelte Vorurteile entstehen können. Darüber hinaus wird thematisiert, welche Verantwortung jede und jeder Einzelne trägt, um dem entgegenzuwirken. Für die Sekundarstufe II wird Material angeboten, das historische und aktuelle Perspektiven von der Antike bis heute abdeckt und gesellschaftliche Debatten aufgreift. Das Unterrichtsmaterial geht weit über die bloße Wissensvermittlung hinaus. Es befähigt die Lernenden zur Auseinandersetzung mit historischen Quellen und vor allem zum aktiven Üben von Empathie und Verantwortungsübernahme, um die eigene Haltung zu reflektieren und zu schärfen.
Das Werk „Antisemitismuskritische Bildungsarbeit im Evangelischen Religionsunterricht der Sekundarstufe I“ stellt historische und aktuelle Formen des Antisemitismus vor. Zudem bietet es einen fundierten Ansatz zur Bildung und Sensibilisierung junger Menschen im Bildungsbereich, insbesondere im evangelischen Religionsunterricht der Sekundarstufe I. Es wird deutlich gemacht, dass Antisemitismus eine komplexe und tief verwurzelte Form der Menschenfeindlichkeit ist. Lehrpersonen sollen sich umfassend auf diese Bildungsaufgabe vorbereiten, indem sie sowohl fachliche als auch didaktische und Reflexions-Kompetenzen entwickeln. Denn es sei unerlässlich, so die Autor*innen, den Schüler*innen einen sicheren Raum zu bieten, in dem sie sich mit ihren eigenen Vorurteilen und der Geschichte des Antisemitismus auseinandersetzen können, um letztlich eine Haltung der Menschlichkeit zu entwickeln.
Laudatorin Dr.in Silke Trillhaas, Vorstandsmitglied der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Freiburg, sprach allen Preisträger*innen ihren Respekt und ihre Anerkennung aus: für Arbeiten, die maßgeblich dazu beitragen, „eine neue Generation von jungen Menschen zu befähigen, Antisemitismus und jeglicher Form von Diskriminierung entgegenzutreten“.
Zur Person
Prof. Dr. habil. Wilhelm Schwendemann wurde zum September 1995 an die Evangelische Hochschule auf die Professur für Evangelische Theologie mit den Schwerpunkten Schulische Religionspädagogik und Altes Testament berufen. In seiner Lehre und Forschung hat er sich vor allem mit Schulpädagogik, empirischer Religionspädagogik und Unterrichtsforschung, Menschenrechtspädagogik, interreligiösen Lernprozessen sowie Religions- und Ethikdidaktik befasst.
Ein besonderes Anliegen ist für ihn der interreligiöse Dialog zwischen Christ*innen, Jüd*innen und Muslim*innen. Hierfür gründete er 2007 – aus einer hochschulübergreifenden Vorgängereinrichtung von 1999 – das interdisziplinäre Netzwerk FIM, das Freiburger Institut für Inklusions-, Menschenrechts- und Friedenspädagogik an der EH Freiburg.