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Renate Kirchhoff startet als Rektorin in zweite Amtszeit

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Rektorin Prof.in Dr.in Renate Kirchhoff; Marc Doradzillo

Prof.in Dr.in Renate Kirchhoff leitet als Rektorin weitere sechs Jahre die Evangelische Hochschule (EH) Freiburg. Die erste Amtszeit endete am 31. Dezember 2020; die neue hat am 1. Januar 2021 begonnen. Ihre Wiederwahl fand im Juli 2020 statt.

Renate Kirchhoff hat mit dem Jahreswechsel 2020/21 ihre zweite Amtszeit angetreten. Als erste Frau wurde sie 2014 in das Amt der Rektorin*in gewählt. Die Ursprünge der Evangelischen Hochschule im Jahr 1918 sind eng mit der akademischen Ausbildung von Frauen und der Verantwortungsübernahme der Evangelischen Landeskirche in Baden für die gesellschaftliche Notsituation nach Ende des 1. Weltkriegs verbunden. In die erste Amtszeit von Rektorin Kirchhoff fiel daher die Feier zum 100jährigen Jubiläum der Evangelischen Hochschule. „Bis heute sind die fachliche Innovationskraft und der Pioniergeist kennzeichnend für unsere Hochschule“, sagt Kirchhoff.

Renate Kirchhoff wurde 2005 auf die Professur für Diakoniewissenschaft an der EH Freiburg berufen. Von 2008 bis 2014 leitete sie als Dekanin den Fachbereich Theologische Bildungs- und Diakoniewissenschaft. Hochschulpolitische Erfahrungen hatte sie zuvor an den Universitäten Heidelberg, Augsburg und Frankfurt gesammelt.

Ihre erste Amtszeit war geprägt von tiefgreifenden hochschulpolitischen und hochschulrechtlichen Veränderungen. Eine für die Evangelische Hochschule spezifische Herausforderung bestand darin, dass sie als Hochschule in kirchlicher Trägerschaft – anders als staatliche Hochschulen – nicht automatisch vom landesweiten, wettbewerblichen Ausbau des Hochschul- und Wissenschaftsbereichs profitiert hat. Sie musste und muss laufend verhandeln: sowohl um die Verlässlichkeit und Planbarkeit der anteiligen Finanzierung von Studienplätzen als auch um die Berechtigung, sich an Ausschreibungen von Projekten im Bereich Forschung und Lehre in Baden-Württemberg beteiligen zu können.*

Rektorin Kirchhoff: „Eines unserer zentralen Ziele der letzten Jahre war es, eine stabile Finanzgrundlage für die Hochschule zu verhandeln. Die Zusagen sowohl der Evangelischen Landeskirche in Baden als auch des Landes Baden-Württemberg gelten nun – genau wie bei den Hochschulen in staatlicher Trägerschaft auch – zunächst bis 2026. Das ist ein großer Erfolg; Anlass zum Ausruhen ist das nicht. Die Planungsprozesse für die Zeit ab 2027 laufen längst.“

Die Evangelische Hochschule baut darauf, ihre inhaltliche, strukturelle und programmatische Entwicklung als gemeinschaftliche Aufgabe zu organisieren. „Nur das trägt auf Dauer“, erklärt Professorin Kirchhoff. „Aktuell stehen bei uns Verwaltungsabläufe auf dem Prüfstand und wir aktualisieren unter Beteiligung auch von Studierenden und Promovierenden Qualitätssicherungsinstrumente für Lehre und Forschung sowie Ziele und Standards unserer Internationalisierung. Ihren Erfolg verdankt die Hochschule dem großen Engagement und der Wendigkeit ihrer Mitglieder“, ergänzt sie.

Dies hat auch dazu beigetragen, dass die Hochschule die Herausforderungen der Corona-Pandemie zugunsten der Studierenden gestaltet hat – unter partizipativer Mitwirkung von Hochschullehrer*innen, Lehrbeauftragten und Verwaltungsmitarbeitenden. Alle Studierenden haben die Möglichkeit, ihre Semester und ihre Studiengänge fristgerecht abzuschließen – auch unter Berücksichtigung von Care-Aufgaben oder der Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe.

Stabilität bringt ebenso die Generalsanierung des Hauptgebäudes der Hochschule im Freiburger Stadtteil Weingarten zwischen 2020 und 2022. In dem nahezu neu entstehenden Gebäude werden modernste Standards nachhaltigen Bauens realisiert. Geplant ist die Zertifizierung durch die Deutsche Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (DGNB) mit dem sehr hohen Gold-Standard. Zudem wird es im Gebäude moderne Nutzungskonzepte mit flexiblem Mobiliar und veränderbaren Raumgrößen geben, so dass Arbeiten und Lernen in wechselnden Formationen möglich ist.

Das Besondere der Hochschule ist – und damit nimmt sie einen kirchlichen Auftrag wahr, dass sie sich in Lehre, Forschung und Transfer auf die Gestaltung von Gesellschaft konzentriert. Ihr Konzept, Lehre und Forschung eng zu verzahnen, ist besonders gut geeignet, um sehr schnell und passgenau auf gesellschaftliche Herausforderungen zu reagieren. Dazu gehören in der Sozialen Arbeit Themen wie die Solidarität zwischen den Generationen, Prävention von Diskriminierung und Gewalt, Förderung von Demokratie- und Friedensfähigkeit. “Unser Anfang 2020 gegründetes Friedensinstitut ist nur ein Beispiel für die gelungene und effiziente Verbindung von Lehre, Forschung und auch Weiterbildung“, betont Kirchhoff.

Die EH Freiburg gehört zu den forschungsstarken Hochschulen im sozialwissenschaftlichen Bereich in Deutschland. Ihre Forschung ist primär anwendungsorientiert. Rektorin Kirchhoff: „Unsere Forschung erbringt herausragende Ergebnisse – vor allem für die Kindheitspädagogik, Zivilgesellschaft, Migration, Friedensarbeit und den demographischen Wandel. Wiederholt haben wir im CHE-Ranking einen Spitzenplatz im Bereich Forschung errungen. Denn auf Bundesebene können wir uns am Wettbewerb um Projektausschreibungen beteiligen; so hat beispielsweise ein Team der EH Freiburg den Zuschlag für die Evaluation des Gute-Kita-Gesetzes für das gesamte Bundesgebiet erhalten.“

Mit ihrer Forschungsstärke erfüllt die Evangelische Hochschule eine wesentliche Bedingung, um wissenschaftlichen Nachwuchs bis zur Promotion führen zu können. Zahlreiche Professor*innen der EH Freiburg sind Partner*innen in erfolgreichen Promotionskooperationen mit Universitäten und Pädagogischen Hochschulen. Renate Kirchhoff: „Unser politisches Ziel ist es dennoch – und hier sind wir uns einig mit allen Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW) in Baden-Württemberg, dass qualitätsgesicherte Verbünde mit nachgewiesener Forschungsstärke ein Promotionsrecht erhalten müssen. Dies hätte auch zur Folge, dass forschungsstarke Professor*innen an den HAW in Baden-Württemberg bleiben und nicht in andere Bundesländer abwandern.“

Auch können EH-Absolvent*innen zum Beispiel der Sozialen Arbeit derzeit ausschließlich an Pädagogischen Hochschulen oder Universitäten und dort nur fachfremd promovieren. Zudem beschäftigten sie sich mit Themen, die typisch sind für die interdisziplinären und anwendungsorientierten Zugänge einer HAW zu gesellschaftlichen Aufgaben, so zum Beispiel Interaktionserfahrung von chronisch kranken Kindern in stationären Settings, Resilienzförderung in Kita und Grundschule, Psychotherapeutische Versorgung von Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland.

„Wir verbessern den hausinternen Support bei Antragstellungen und Projektabwicklungen für unsere Professor*innen“, erläutert Renate Kirchhoff. Bundesmittel, die die Hochschule 2021 für die Gewinnung und Entwicklung von professoralem Personal eingeworben hat, nutzt sie dafür, die Hochschule für Professor*innen attraktiver zu machen. Ein Instrument hierfür ist die Tandemprofessur. Damit wird es Nachwuchswissenschaftler*innen möglich gemacht, die für eine Berufung an eine HAW erforderliche dreijährige Berufserfahrung in der außerhochschulischen Praxis – parallel zur Tätigkeit an der Hochschule – zu erwerben. Hierfür nutzt die Evangelische Hochschule Kooperationen mit Praxispartner*innen wie zum Beispiel der Stadt Freiburg.

An der Evangelischen Hochschule Freiburg liegt die Betreuungsrelation Lehrende/ Studierende bei etwa 1:25, an Hochschulen in ganz Baden-Württemberg bei 1:41. Das sichert den Studierenden – auch in besonderen Stresszeiten wie der Corona-Pandemie – eine hohe Qualität des Studiums. Sie führt auch dazu, dass die Abbrecherquote (Drop-out-Quote) herausragend niedrig ist: sie liegt unter vier Prozent.

Rektorin Kirchhoff: „Eine weiterer Erfolg dieser hochwertigen Begleitung ist, dass wir geflüchtete Studierende sehr engmaschig und individuell durch ihr Studium führen können.“ Schon seit Beginn des Jahres 2017 bietet die Hochschule – anfänglich finanziert durch Projektmittel der Evangelischen Landeskirche in Baden – ein mehrschrittiges Programm zur Aufnahme von Menschen mit Fluchterfahrung in ein Studium an. Erstmals zum Wintersemester 2018 konnten acht junge Menschen u.a. aus Syrien, Eritrea und Iran ihr Bachelorstudium für Soziale Arbeit beginnen. „Das ist etwas ganz Besonderes! Die jungen Studierenden kommen aus Ländern, in denen es unsere Studiengänge teilweise gar nicht gibt, die Themen sind ihnen wenig vertraut und sie müssen in einer für sie neuen Sprache wissenschaftlich arbeiten“, erläutert Kirchhoff.

Renate Kirchhoff: „Das klare Votum meiner Kolleg*innen und die uneingeschränkte Unterstützung der Badischen Landeskirche für meine Person erfreut mich sehr. Es ist für mich die Bestätigung meiner bisherigen Arbeit und vor allem das Vertrauen in mich, die Evangelische Hochschule stabil in diesem neuen Jahrzehnt zu moderieren. Mein Leitmotiv ist, die Gestaltungs- und Wirkungskraft der Hochschule, ihrer Lehre und Forschung, ihrer Mitarbeitenden, Studierenden und der Absolvent*innen in Kirche und Gesellschaft zu stärken“.

*Hintergrund
Die Möglichkeit der Bewerbung auf wettbewerbliche Ausschreibungen des Landes ist den Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW) in Baden Württemberg weitgehend verwehrt. Dabei wäre es ein Gewinn für das Land, wenn die Hochschulen ihre Kompetenzen auch in der Region einbringen könnten: eine transformationsbereite, demokratische Gesellschaft, die auch die Risiken der Digitalisierung zum Beispiel bei Beratungs- und Unterstützungsleistungen im Blick hat, muss auf Forschung und Qualifikation gerade auch an kleinen, wendigen Hochschulen setzen. „Antragsberechtigung in Baden-Württemberg – das bleibt ein Thema auf allen politischen Ebenen!“, stellt Renate Kirchhoff fest.

Zur Person

Prof.in Dr.in Renate Kirchhoff

 

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Foto für redaktionelle Verwendung: Renate Kirchhoff; Fotograf: Marc Doradzillo

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