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Finanzielle Bildung wird in der Sozialen Arbeit gebraucht

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Prof. Dr. Tobias Hauck; Foto: Bilger Film & Fotodesign

„Finanzielle Bildung hat mehrere Dimensionen und ist nicht nur auf den „richtigen“ Umgang mit Geld beschränkt“, sagt Prof. Dr. Tobias Hauck. Er hat seit dem 1. März 2022 die Professur Ökonomie für die Soziale Arbeit inne.

In seiner Antrittsvorlesung im Juli 2022 sprach Hauck über ökonomische Impulse für die Soziale Arbeit. Für ihn ist eine finanzielle Bildung für Sozialarbeiter*innen wichtig und gehört bereits in das Bachelorstudium. An der Evangelischen Hochschule lehrt er vorrangig in den Bachelor- und Master-Studiengängen Soziale Arbeit.

Rektorin Prof.in Dr.in Renate Kirchhoff führte in den Vortrag von Tobias Hauck ein und erklärte: „Studierende erwerben bei uns die Kompetenz, die grundsätzliche Logik des Aushandlungsprozesses zwischen ökonomischen und sozialstaatlichen Steuerungsinstrumenten zu verstehen. Nur wenn sie diese Logik kennen, sind sie gute Sozialarbeiter*innen.“ Sie müssten Steuerungsinstrumente bewerten können und dabei sprach- und streitfähig sein: ob sie nun im Gemeinderat argumentierten, in Politikberatung aktiv seien oder Einrichtungen der Sozialwirtschaft weiterentwickeln würden.

Tobias Hauck hat mit einem Forschungsprojekt u.a. das Verhalten deutscher Steuerzahler*innen im Hinblick auf die Abgabe von Steuererklärungen untersucht. Darin zeigt er, gemeinsam mit seiner Koautorin Luisa Wallossek von der Ludwig-Maximilians-Universität München, dass insbesondere Bezieher*innen geringer Einkommen keine Steuererklärung abgeben – was sie häufig auch nicht müssen. „Gleichzeitig können aber Geringverdienende, relativ zum Einkommen gemessen, am stärksten von einer Steuererklärung profitieren. Uns hat sich daher die Frage gestellt, warum diese Menschengruppe auf eine mögliche Steuerrückzahlung von durchschnittlich 360 Euro pro Jahr verzichtet. Und auch dieses Thema hat mit finanzieller Bildung zu tun“, sagt Hauck.

Für den Ökonomieprofessor sind insbesondere zwei Gründe für die Nichtabgabe einer Steuererklärung erkennbar: fehlendes Wissen um das Potenzial einer Steuererklärung und die Sorge, nicht die Kompetenz zu haben, eine Erklärung ausfüllen und einreichen zu können. Hier könnten verschiedene Maßnahmen greifen, um das Verhalten zu ändern: Einfache Informationsübersichten durch die Finanzämter – wie in anderen europäischen Ländern üblich – schließen die Informationslücke über das Potenzial einer Steuererklärung. Multiplikator*innen – bspw. aus der Lohnsteuerhilfe oder einer Schuldnerberatung – können wahrgenommene oder tatsächliche Kompetenzbarrieren abbauen.

Hauck hält es für sinnvoll, das Verständnis für grundlegende ökonomische Anreize und Kompetenzen zu vermitteln, damit dies bei Entscheidungen in den Feldern der Sozialen Arbeit einbezogen werden kann. „Klient*innen, Studierende und Mitarbeitende sind aber auch in verschiedenen Alltagssituationen mit den Themen der finanziellen Bildung konfrontiert“, so Hauck – zum Beispiel durch die Zahlweise „buy now, pay later“, die insbesondere Online-Zahlungsdienstleister bieten.

In seinem nächsten Forschungsprojekt geht es Hauck wieder um das Thema Steuererklärungen: „Wir wissen bisher noch nichts über die regionale Verteilung der Steuererklärungsquote. Das wollen wir ändern.“

Zur Person

Dr. Tobias Hauck wurde zum 1. März 2022 auf die Professur Ökonomie für die Soziale Arbeit berufen. Hierbei handelt es sich um ein besonderes Professur-Modell: eine Tandem-Professur, bei der Hauck 50 Prozent der Stelle als Hochschul-Professor tätig ist. Die andere Hälfte der Stelle ist beim Sozialwissenschaftlichen Institut der EKD angesiedelt. Dort ist er als wissenschaftlicher Mitarbeiter in das Projekt „Ökonomie und Digitalisierung in der Sozialwirtschaft“ eingebunden.

Die Tandem-Professur

Die Tandem-Professur richtet sich speziell an diejenigen Bewerber*innen auf eine Professur, die die drei Jahre Berufserfahrung außerhalb des Hochschulbereichs nicht schon erworben haben. Erforderlich für eine HAW-Professur ist außerhochschulische Erfahrung, mit der Feldkompetenz und die Vernetzung mit außerhochschulischen Institutionen verbunden ist und die gebraucht wird, um angewandt lehren und forschen zu können.

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