Wie funktionieren ambulante betreute Wohngemeinschaften und wie kann das Konzept weiter entwickelt werden? Dieser Fragen gingen Studierende der Sozialen Arbeit im Handlungsfeld Soziale Gerontologie nach. Sie machten sich mit den Konzepten dieses Typs von Wohngemeinschaften vertraut, sie führten Expert*innengespräche, besuchten Wohngemeinschaften digital. Alle elf Wohngemeinschaften des Freiburger Modells und drei Wohngemeinschaften aus Tübingen, die ebenfalls dem Prinzip der geteilten Verantwortung folgen, wurden in ihren Strukturdaten und in ihren Konzepten analysiert. „Das Prinzip der geteilten Verantwortung, so einer der Befunde, wirkt identitätsprägend für die Wohngemeinschaften“, erklärt Prof. Dr. habil. Thomas Klie, der das Studienprojekt leitet. Am 6. Juli 2021 präsentierten die Studierenden die Ergebnisse ihrer Forschungsaktivitäten zu den ambulant betreuten Wohngemeinschaften.
„Erstaunlich sind die Variationen, in denen dieses Leitbild der geteilten Verantwortung in der Praxis gelebt wird. Je nach Gründungsgeschichte, je nach Akteuren in den Wohngemeinschaften werden die Akzente unterschiedlich gesetzt, entstehen Konfliktlinien an verschiedenen Punkten – sei es im Alltag, sei es um Fragen der Finanzen, sei es um Fragen der Qualität“, stellt Thomas Klie fest.
1999 hatte AGP Sozialforschung gemeinsam mit der Stiftungsverwaltung Freiburg, und integriert in mehrere Studienprojekte, das Freiburger Modell betreuter Wohngemeinschaften mit aus der Taufe gehoben. Dabei handelt es sich um ein Modell, bei dem sich An- und Zugehörige, Ehrenamtliche, Kommunen, Professionelle und andere beruflich Tätige die Verantwortung für die Sorge und Pflege der Bewohner*innen der Wohngemeinschaften teilen.
Die Studierenden interviewten die Verantwortlichen in den ambulant betreuten Wohngemeinschaften und werteten insbesondere die Interviews aus. Die Ergebnisse wurden den interviewten Wohngemeinschaften in der Evangelischen Hochschule vorgestellt. Professor Klie: „Mit großer Resonanz wurden die Ergebnisse aufgenommen und diskutiert.“
Auch in der Corona-Pandemie bewährte sich das Prinzip der geteilten Verantwortung, führte aber auch hier zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen. Manche Wohngruppen haben die Entscheidung getroffen, über die gesamte Corona-Pandemie die Angehörigen weiter in die alltägliche Unterstützung einzubeziehen, andere folgten der restriktiven Linie der Heime und schlossen An- und Zugehörige aber auch Ehrenamtliche aus. Thomas Klie: „Die Qualität des Hybriditätsmanagements bestimmt das Zusammenwirken aller Akteure. Grundlegend hierfür ist die Kultur aber auch die Fähigkeit, die unterschiedlichen Akteure mit ihren Sichtweisen, Interessen, Fähigkeiten und Begabungen in Balance zu halten.“
Elf Wohngemeinschaften gehören im Raum Freiburg inzwischen dem Freiburger Modell an. In unterschiedlicher Weise realisieren sie das Prinzip der geteilten Verantwortung. Klie: „Es verspricht auf der einen Seite eine besondere Qualität, da nicht nur die professionellen, nicht allein staatlich verordneten Standards eingehalten und umgesetzt werden. Das Dorf, das Quartier, An- und Zugehörige aber eben auch die professionellen beteiligten Pflegedienste bringen jeweils die ihnen wichtigen Qualitätsgesichtspunkte, die Aspekte ein, die Menschen in ambulant betreuten Wohngemeinschaften in ihrer Lebenssituation Bedingungen guten Lebens verschaffen“.
Die Studierenden formulierten einige Empfehlungen, wie die ursprüngliche Idee des Netzwerkes im Freiburger Modell wieder zu stärken und dies auch mit Hilfe von digitalen Plattformen, die den Austausch und das Wissensmanagement erleichtern. Auch Überlegungen zur Gründung eines eigenen Assistenzdienstes wurden in die Diskussion gebracht. Anne Helmer, die Sprecherin des Freiburger Modells in diesem Projekt, die die Anregung zu der Untersuchung gab, dankte den Studierenden. Es war zugleich die letzte Lehrveranstaltung von Professor Thomas Klie, der über 20 Jahre das Thema „Ambulant betreute Wohngemeinschaften“ zu einem Thema an der Evangelischen Hochschule und in AGP Sozialforschung gemacht hat: Ein Beispiel, wie Forschung, Innovation und Lehre miteinander verwoben werden könne.
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