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Fachtagung Sozialmanagement – 3 Panels

Ad (1)Bildung und Wissenschaft – und hier insbesondere den Geistes- und Sozialwissenschaften – kommt in Transformationsprozessen eine zentrale Rolle zu; nicht nur als Klammer von Aufklärung und Ideenlieferanten von Innovationen und Systemalternativen, sondern aus zwei Gründen: a. Die sozioökologische Transformation kann nur durch eine Abkehr von traditionell-kapitalistischen, ausbeuterischen Wachstumsprinzipien gedacht werden. Eine Ersetzung von Maximen jenseits von BIP und Konsum, die sich an Nationalen Wohlfahrtsmaßen in einem erweiterten Sinne orientieren (z. B. NWI – Nationaler Wohlfahrtsindex; hierzu u. a. Diefenbacher et alii 2016), schließen zwingend die Indizierung und Bewertung von Bildungsinvestitionen, Förderung sozialer Daseinsfür- und -vorsorge sowie die sozialen Schäden einer ausbeuterischen Wirtschaftsweise und einer fossilen Energiepolitik mit ein. b. Eine notwendige „Deindustrialisierung“ wird zusammen mit den unter a) genannten Gründen zu einer Sektorenverschiebung und -verschmelzung führen müssen, die die wirtschaftlichen Grundlagen einer postindustriellen Arbeits- und Wissensgesellschaft von der Güterproduktion hin zur Sozialproduktion verlagert.

Sozialmanagement und Sozialwirtschaft sollten die bisherige reaktive Haltung auf vorrangig durch Technik und Ökonomie getragene Wandelsprozesse überdenken.Ausgangspunkt ist die Feststellung, dass künftige Kompetenzen sich mehr aus Beweglichkeiten und dem Umgang mit Nichtwissen („krisenhafte Unbekannte“) ergeben als durch Reproduktion normierter, messbargemachter Wissensbestände („gestanzte Wissensschachteln“) und deren scheinbare Anwendungsgewissheiten. Nicht nur, dass hinter dem Ganzen noch das völlig veraltete Bild der Lernenden als „zu füllende Gefäße“ lauert, es entspricht nicht mehr den Herausforderungen einer digitalisierten und mehr und mehr von KI durchdrungenen Welt: Lehrprogramme und Modulordnungen sind in ihrer Absicht gegen das Internet chancenlos. Wie man überall verfügbaren digitalen Wissensbeständen systematisiert, mit ihnen zielgerichtet und kritisch-kreativ umgeht, das muss anders erlernt werden. Wir sollten uns also kritisch befragen: Sind wir als Teil des Wissenschafts- und Bildungssystems also hinreichend ausgestattet und vorbereitet für die vor uns liegenden Herausforderungen?

Ad (2)Das risikovermeidende Sicherheitsdenken der Moderne wird abzulösen sein durch ein agileres, experimentelleres Denken und Handeln. Dies wird so sein, weil die Zeitfenster für Gestaltungen und Umbau sich zügig schließen (Kosten der Klimaschäden, Zunahme von Fluchtbewegungen, Klimaanpassungsmaßnahmen, …) und zugleich viele Lösungen sich dem Muster industriellem Strukturwandels bekannter Art entziehen werden (müssen). Schon jetzt sind Impact-Projekte unterwegs, die die sozialen Transformationen fokussieren und einbeziehen und dabei Anstöße liefern für Antworten, die jenseits unserer Einflusssphäre liegen, wenn wir etwa armutslindernde Formen des Gütertausches mit neuen value chains verbinden oder die volkswirtschaftlichen Langfristkosten benennen, die sich aus der mangelnden Teilhabe von Kindern, den sozialen Kosten von Ungleichheit oder denen der Mangelversorgung chronisch Kranker ergeben. Diese Impact-Projekte lassen sich überall finden; sie sollten weiterhin beispielgebend sein. Gleichzeitig muss es gelingen, neue Lösungen für konventionelle, innerinstitutionelle Probleme zu finden, etwa was die Bewältigung von klassischen Vereinbarkeitsproblemen betrifft und damit Menschen entlastet, Ressourcen stärkt und ihnen aus dem Alltag heraus (wieder) einen systemischen (solidarischen) Blick ermöglicht.

Ad (3)Ein funktionierender Sozialstaat und eine differenzierte, entwicklungsfähige Sozialwirtschaft sind Voraussetzungen für eine leistungsfähige, resiliente Gesellschaft. Vielfach wird der Sozialstaat auf seine Dysfunktionalitäten reduziert, so als stünde er gesellschaftlichen Entwicklungen im Wege. Indes sind es die sozialwirtschaftlichen Strukturen, die Flexibilitäten im Kleinen wie im Großen möglich machen. Wir müssen den Wandel planen. Dazu sollten öffentliche und sozialwirtschaftliche Potenziale besser kommunizieren, auch ehrlicher mit Blick auf die jeweiligen Gestaltungsgrenzen. Wir brauchen eine neue Partnerschaft zur Entwicklung solidarischer und funktionaler Gemeinschaften. Transformative Wissenschaft ist vernetzte Wissenschaft. Politik ist mit der Lösung transformativer Probleme sichtbar überfordert. Wissenschaft ist aufgefordert, mit der Politik, der Wirtschaft und der Zivilgesellschaft besser zu kommunizieren. Die Lösungsansätze und Experimentierfelder bündeln sich dort, wo diese Institutionen zusammensitzen, auf lokaler, kommunaler Ebene. Dorthin gilt es zunächst und prioritär zu wirken. Dies muss nicht allein Aufgabe von Sozialwirtschaft sein. Aber in dem Maße, wie wir die Fach- und Führungskräfte von morgen ausbilden, die die Ideen von übermorgen tragen sollen, sind wir eine Verpflichtung für das Ganze miteingegangen.

Wir verändern Gesellschaft