Unser Hochschul-Newsletter – jetzt anmelden!

CELIS – ein europäisches Grossprojekt!

Ich bin davon überzeugt, dass wir in wenigen Jahren die strukturellen Grundlagen fest etabliert und die Zusammenarbeit der Hochschulen auf ein neues Qualitätslevel gebracht haben.

Sibylle Fischer

Was ist CELIS eigentlich und wofür wird es gebraucht? Sibylle Fischer erklärt im Gespräch, warum CELIS so wichtig ist für den offenen Grenzraum Deutschland, Frankreich, Schweiz.

Sibylle Fischer lehrt seit 2013 an der Evangelischen Hochschule Freiburg. Die Kindheitspädagogin hat fachliche Expertise insbesondere im Themenbereich Kinderschutz, zu Chancengleichheit für Kinder mit und ohne Migrationshintergrund sowie zur Qualifizierung von Fachkräften für die Arbeit mit herausfordernden Kindern und Jugendlichen. Sie kommt aus der Praxis, ist KiTa-Fachwirtin und war von 2003 bis 2008 im Sozial- und Jugendamt der Stadt Freiburg beschäftigt. Seit 2013 ist sie RECOS-Beauftragte, eine Art 'kleine Schwester' von CELIS und gleichzeitig Zusatzqualifikation für Studierende. Geschäftsführerin von „Chancen-gleich!“ am Zentrum für Kinder- und Jugendforschung an der Evangelischen Hochschule Freiburg ist sie seit 2016.

Die 6 CELIS-Hochschulen

Warum braucht es ein Grossprojekt wie den Eurocampus CELIS? Angehende Sozialarbeitende und pädagogische Fachkräfte brauchen erweiterte Kompetenzen für ihre berufliche Tätigkeit, wenn sie im Dreiländereck Deutschland, Frankreich und Schweiz – also den drei CELIS-Ländern – tätig sein wollen. Sie brauchen Wissen über die unterschiedlichen Organisationsformen und Zuständigkeiten beispielsweise in der Kinder- und Jugendhilfe, über die spezifischen kulturellen und professionsbezogenen Selbstverständnisse der Fachkräfte sowie die damit verbundenen Werte, Verhaltensweisen, gesellschaftlichen Normen und traditionellen Praktiken auf beiden Seiten des Rheins. Denn diese haben sich neben vielen Gemeinsamkeiten, über Jahrzehnte auch in verschiedene Richtungen entwickelt. Nicht zuletzt sprechen wir verschiedene Sprachen. Es geht also um Wissens- und um Kulturtransfer. Damit das gut gelingt, arbeiten wir auf mehreren Ebenen eng zusammen: Sechs Hochschulen mit Arbeitgeber*innen, wie z.B. Landkreise und Kommunen, und mit Handlungsfeldern der Praxis eng zusammen. Das ist neu! Und sie alle sind gleichwertige Partner*innen im CELIS-Verbund. Eine zentrale Voraussetzung dafür ist, dass es Hochschulabschlüsse gibt, die in allen drei Ländern anerkannt werden. Studiengänge der Sozialen Arbeit und Kindheitspädagogik werden zum Beispiel darauf untersucht, welche Inhalte grenzüberschreitend anerkannt und angerechnet werden können. Ziel sind Doppelabschlüsse im Dreiländereck, so dass Hochschulabsolvent*innen in Frankreich, Schweiz und Deutschland unkompliziert arbeiten können, weil sie ihre Kompetenzen im Rahmen gemeinsamer Lehrveranstaltungen erworben haben und ihre Abschlüsse anerkannt sind. Und vergleichbares gilt für die akademische Weiterbildung von Praktiker*innen der drei beteiligten Länder. Sie soll entlang beispielhafter Themen, z.B. Kinderschutz, gemeinsam entwickelt und implementiert werden.

Wie wird CELIS finanziert? Gefördert wird CELIS durch das Programm Interreg der Europäischen Union, die Région Grand Est und das Collectivité Européenne d’Alsace. Interreg, oder wie es offiziell heißt, die „Europäische territoriale Zusammenarbeit“, ist Teil der Struktur- und Investitionspolitik der Europäischen Union. Seit mehr als 30 Jahren werden damit grenzüberschreitende Kooperationen zwischen Regionen und Städten unterstützt, die das tägliche Leben beeinflussen, zum Beispiel zu Energie und Klimawandel, Umwelt- und Ressourcenschutz, beim Arbeitsmarkt und sozialen Themen und im Verkehr. Insgesamt steht für CELIS ein Budget in Höhe von etwa 3.125.000 Euro zur Verfügung.

Es geht also um Wissens- und um Kulturtransfer. Damit das gut gelingt, arbeiten wir auf mehreren Ebenen eng zusammen: Sechs Hochschulen mit Arbeitgeber*innen, wie z.B. Landkreise und Kommunen, und mit Handlungsfeldern der Praxis. Das ist neu! Und sie alle sind gleichwertige Partner*innen im CELIS-Verbund.

Sibylle Fischer
Sibylle Fischer; Foto: Marc Doradzillo 2024
Sibylle Fischer; Foto: Marc Doradzillo

Im Rahmen von CELIS stehen drei Forschungsbereiche im Fokus: Kinderschutz, dann Bewegung, Sport und Inklusion sowie Nachhaltigkeit und Quartier. Die EH Freiburg beteiligt sich aktiv an der Aktionsforschung Kinderschutz. In allen drei Aktionsforschungsbereichen geht es darum Forschung, Lehre und Praxis gut miteinander zu verbinden. Beispielhafte Projekte sollen später in allen drei Länder umgesetzt werden – egal in welchen Bereichen. Die Evangelische Hochschule ist verantwortlich für den Kinderschutzbereich – und zwar in Zusammenarbeit mit der Partnerhochschule in Straßburg. Das Projekt basiert auf zwei Vorläuferprojekten. Ein Ergebnis ist das Vademecum, ein Handbuch, das die Kinderschutzsysteme in Deutschland und Frankreich erklärt, fachspezifisches Vokabular übersetzt und den Sinngehalt beschreibt sowie Orientierung für grenzüberschreitende Fälle bietet. Nun wird auch die Schweiz einbezogen. Gleichzeitig werden Fallbeispiele anonymisiert gesammelt, um zu untersuchen, wie Fachkräfte diese Fälle aus den drei Ländern bearbeiten und ihre Vorgehensweisen begründen. Spezifische grenzüberschreitende Fälle werden so aufbereitet, dass sie als Beispiele für eine gelingende Zusammenarbeit allen Interessierten zur Verfügung stehen. Und die Erkenntnisse daraus werden wiederum in zukünftigen Forschungsprojekten und in der Lehre genutzt.

Welche Rolle spielt der Forschungsbereich Nachhaltigkeit und Quartier? Mein Kollege Professor Simon Sohre hat ein Semester lang mit Studierenden kleine Feldforschungen durchgeführt und dabei schon bestehende Maßnahmen in Bezug auf nachhaltige Entwicklung untersucht. Diese Forschung wird über die gesamte Projektlaufzeit fortgeführt. Außerdem findet Ende Juni 2025 ein erster Fachtag zu diesem Thema an unserer Hochschule statt, der sich explizit an Praktiker*innen, Studierende und Lehrende richtet.

Die Evangelische Hochschule ist verantwortlich für den Kinderschutzbereich – und zwar in Zusammenarbeit mit der Partnerhochschule in Straßburg.

Sibylle Fischer
Motive der CELIS-Kommunikation

Wie können sich Studierende der EH Freiburg in CELIS einbringen? Von Beginn an haben wir zwei Studierende als studentische Hilfskräfte eingebunden. Sie bringen ihre Sichtweisen auf vielfältige Weise ein: Zum einen arbeiten sie aktiv in der Arbeitsgruppe der Arbeitgebenden mit, verstehen dadurch die Sichtweisen der zukünftigen Sozialarbeitenden besser und können ihr Wissen in das Recruiting von Fachkräften einbringen. Für den Bereich Kinderschutz wird es ab dem Wintersemester 2025/26 ein einjähriges Studienprojekt mit gemeinsamen Lehrveranstaltungen der CELIS- Hochschulen geben. Darüber hinaus sind unsere Studierenden wichtige Multiplikatoren, weil sie die Projekte an ihren Hochschulen vorstellen und so in die gesamte Studierendenschaft hineinwirken. Ab Herbst 2025 wird es eine Arbeitsgruppe geben, in der Studierende aller Hochschulen wesentliche Aspekte und Notwendigkeiten der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit aus ihrer Sicht diskutieren. Jedes unserer Aktionsforschungsprojekte ist so angelegt, dass Studierende dabei mitmachen. Und sie können die Projektthemen durch ihre Abschlussarbeiten vertiefen.

Unsere dreißigjährige Erfahrung mit dem RECOS-Programm ist eine wertvolle Ressource. … Internationalisierung ist uns an der EH Freiburg ein zentrales Anliegen, unterstützt durch den Senat Internationalisierung und ein engagiertes International Office.

S. Fischer

Welche Kompetenzen bringt die EH Freiburg in CELIS ein? Unsere dreißigjährige Erfahrung mit dem RECOS-Programm ist eine wertvolle Ressource, insbesondere für gemeinsame Lehrveranstaltungen. Unser Team ist versiert darin, durch Fachtage nicht nur die Expert*innen aus dem Dreiländereck zusammenzubringen, sondern gemeinsam Fachthemen, etwa zum Kinderschutz oder zur Gemeinwesenarbeit, zu identifizieren und auszuarbeiten. So verstehen wir zunehmend die speziellen Logiken unserer Nachbarländer. Internationalisierung ist uns an der EH Freiburg ein zentrales Anliegen, unterstützt durch den Senat Internationalisierung und ein engagiertes International Office. Auch unsere Dozierenden haben ein großes Interesse daran, an grenzüberschreitenden Prozessen mitzuwirken. Unsere Verwaltungsmitarbeitenden sind seit Beginn des Projekts einbezogen und unterstützen uns hervorragend. Ihre zum Teil bilingualen Fähigkeiten erleichtern die Arbeit zusätzlich. Außerdem können wir auf strukturelle Erfahrungen zurückgreifen: Wir haben einen bilateralen Vertrag mit der Hochschule L`ESEIS in Straßburg. Studierende, die das RECOS-Programm erfolgreich absolvieren und ihr Studium der Sozialen Arbeit oder Kindheitspädagogik durch zusätzliche Seminare und Module erweitern, erhalten einen Abschluss für beide Länder – Deutschland und Frankreich. Fünf Studierende haben diese in den vergangenen drei Jahren bereits absolviert. Die erforderlichen Einschreibeverfahren und Verwaltungsstrukturen sind dadurch schon ausgearbeitet und an der Evangelischen Hochschule gut verankert.

Mein persönliches Fazit zu CELIS? Das Engagement aller Beteiligten ist bemerkenswert. Wir haben zwar alle eine Menge damit zu tun, um sechs Hochschulen in drei verschiedenen Ländern mit unterschiedlichen Systemen und Semesterstrukturen zusammenzubringen. Dennoch gelingt das gut. In unseren Arbeitsgruppen gibt es ein konstruktives Klima. Viele Praktiker*innen engagieren sich trotz Personalknappheit. Ich bin davon überzeugt, dass wir in wenigen Jahren, zum Abschluss der Förderphase von CELIS, die strukturellen Grundlagen fest etabliert und die Zusammenarbeit der Hochschulen auf ein neues Qualitätslevel gebracht haben.

S. Fischer

Protokoll: Melanie Geppert

Wir verändern Gesellschaft