Interdisziplinäre und praxisrelevante Forschung, Lehre und Transfer
Das Friedensinstitut der Evangelischen Hochschule Freiburg dient der interdisziplinären und praxisrelevanten Forschung, Lehre und Weiterbildung in den Bereichen Friedenspädagogik und Friedensarbeit. Es bietet den Studierenden aller Studiengänge und weiteren Zielgruppen Lehrmodule (Seminare, Workshops, Trainings und Fachtage) an, die zu einer Kultur der Gewaltfreiheit und des Friedens beitragen. Diese Bildungsaufgaben orientieren sich an der Förderung von Demokratie und Nachhaltigkeit. Besondere Schwerpunkte liegen in den Bereichen Konflikttransformation, Friedensethik und Friedenstheologie.
Die Vereinten Nationen haben sich in der Agenda 2030 (17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung) dazu verpflichtet, „…dass alle Lernenden die notwendigen Kenntnisse und Qualifikationen zur Förderung nachhaltiger Entwicklung erwerben, unter anderem durch Bildung für nachhaltige Entwicklung, und nachhaltige Lebensweisen, Menschenrechte, Geschlechtergleichstellung, eine Kultur des Friedens und der Gewaltlosigkeit, Weltbürgerschaft und die Wertschätzung kultureller Vielfalt und des Beitrags der Kultur zu nachhaltiger Entwicklung.“(SDG 4.7)
Die Evangelische Landeskirche in Baden hat sich dem Aufruf des Ökumenischen Rates der Kirchen zu einem Ökumenischen Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens angeschlossen und sich vorgenommen, weitere Schritte auf dem Weg zu einer „Kirche des gerechten Friedens“ zu gehen. Die von der Landessynode im April 2019 beschlossene Gründung des Friedensinstituts als Teil der Evangelischen Hochschule Freiburg ist ein Beitrag zu dem Vorhaben, das 2013 formuliert wurde: „In den Einrichtungen der Aus-, Fort- und Weiterbildung der Landeskirche sind die Themen „aktive gewaltfreie Konfliktbewältigung“ sowie Möglichkeiten und Methoden der Friedensarbeit als verbindliche Bildungsinhalte aufzunehmen“. („Richte unsere Füße auf den Weg des Friedens“, Beschluss der Landessynode vom 25.10.2013).
Diesen Zielen und diesem Selbstverständnis ist das im Jahr 2020 gegründete Friedensinstitut der Evangelischen Hochschule Freiburg verpflichtet.
In Zusammenarbeit mit dem Freiburger Institut für Menschenrechtspädagogik (FIM) und allen Fachbereichen der Hochschule sowie mit nationalen und internationalen zivilgesellschaftlichen Kooperationspartnern werden friedenspädagogische Kompetenzen für die Handlungsfelder vermittelt, in denen die Teilnehmenden beruflich oder ehrenamtlich tätig sind.
Friedenspädagogische Bildungsprozesse können aus verschiedenen Perspektiven beschrieben und gestaltet werden, die aufeinander bezogen sind:
Kognitive Kompetenzen stehen im Vordergrund, wenn es um die Analyse und das Wissen über die politischen und sozialen Bedingungen von Frieden und Unfrieden, Gewalt und Konflikten geht. Referenzwissenschaften sind die Friedens- und Konfliktforschung, Politik-, Geschichts-, Sozial- und Humanwissenschaften.
Kommunikative, soziale und beziehungsbezogene Kompetenzen werden durch Interaktion, Dialog und Kooperation entwickelt und hängen mit emotionalen Kompetenzen (wie Empathiefähigkeit) eng zusammen. Referenzwissenschaften sind z.B. Psychologie, Erziehungswissenschaften, Neurobiologie, Anthropologie und Kommunikationswissenschaften.
Ethische und haltungsbezogene Kompetenzen werden in der inhaltlichen Auseinandersetzung mit kontroversen friedensethischen Theorien und Diskursen in Politik und Politikgeschichte, Philosophie und Theologie entwickelt. Der Beutelsbacher Konsens bietet Kriterien, die auf eine eigenständige Urteilsbildung in ethischen wie politischen Fragen zielen und für jede politische Bildungsarbeit gelten.
Handlungs- und anwendungsbezogene Kompetenzen sind für die berufliche Praxis in allen gesellschaftlichen und pädagogischen Handlungsfeldern ebenso wichtig wie personale und reflexive Kompetenzen. Dazu gehören das Kennenlernen und die kritische Auseinandersetzung mit aktuellen Methoden der Friedensarbeit, der Konfliktprävention und zivilen Konfliktbearbeitung oder der differenz- und traumasensiblen sozialen und friedenspädagogischen Arbeit, auch im interreligiösen, interkulturellen und internationalen Bereich.
Wir sind davon überzeugt, dass die im Friedensinstitut Freiburg entstehenden Dialoge und Arbeitsformen einen wichtigen und nachhaltigen Beitrag zur Stärkung einer Kultur des Friedens und der Gewaltfreiheit leisten können. Wir freuen uns auf vielfältige Kooperationen und auf alle Begegnungen mit Gesprächspartner*innen aus Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Kirchen.
Friedensbildung ist ein Merkmal evangelischer Bildungsarbeit
Anlässlich der feierlichen Eröffnung des neuen Master-Studiengangs Friedenspädagogik/Peace Education am 3. März 2022 betonte Rektorin Prof.in Dr.in Renate Kirchhoff die Notwendigkeit von Friedensbildung: „In einer weltpolitisch eskalierten und weiter eskalierenden Situation einen Studiengang ‚Friedenspädagogik‘ zu eröffnen, das ist eine herausfordernde, eine fast paradoxe Situation. Doch Bildung kann einen Beitrag dazu leisten, weiter nach Wegen für Frieden zu suchen.“
Auch Landesbischof Jochen Cornelius-Bundschuh nahm in seinem Grußwort zur Eröffnung des Master-Studiengangs Bezug zur aktuellen politischen Lage: „Viele sehen in dem Einmarsch der russischen Armee in der Ukraine eine Zeitenwende in der Sicherheitspolitik. Sie verkünden das Ende der Hoffnung auf eine regelbasierte internationale Ordnung; sie fordern eine schnelle Aufrüstung; sie setzen auf militärische Stärke. Die Evangelische Landeskirche in Baden setzt heute ein anderes, kleines, aber deutliches Zeichen gegen den Krieg und für einen nachhaltigen gerechten Frieden. Sie eröffnet am 8. Tag nach dem Einmarsch am Friedensinstitut der Evangelischen Hochschule Freiburg einen Masterstudiengang Friedenspädagogik/Peace Education, der zivile Formen der Konfliktbearbeitung fördern soll“.
Friedensbildung habe sich systematische Gewaltkritik zu eigen gemacht, so Renate Kirchhoff. „Sie sucht direkte, strukturelle und kulturelle Gewaltsituationen auf, um auf ein Mehr an Gerechtigkeit hinzuwirken. Schalom muss die Perspektive sein. Zum anderen zielt Friedensbildung auf die Kompetenz, Alternativen zu den vermeintlichen Sachzwängen zu entwickeln; Fragen zu stellen, Informationen zu bewerten, potentielle Antworten systematisch zu durchdenken und in kontrovers besetzten Settings zur bewähren. Ich finde nach wie vor, dass das Szenario „Sicherheit neu denken“ ein Musterbeispiel ist für einen solchen Weg.“
Landesbischof Jochen Cornelius-Bundschuh betonte, dass Friedensbildung ein Qualitätsmerkmal evangelischer Bildungsarbeit sei: „Das wollen wir mit dem neuen Master-Studiengang Friedenspädagogik/Peace Education als Landeskirche noch einmal unterstreichen. Die pädagogische Rückbindung dieses Studiengangs ist einzigartig und passt nicht nur ausgezeichnet in das Profil der Evangelischen Hochschule Freiburg, sondern ergänzt auch das bestehende friedenswissenschaftliche Studienangebot in Deutschland um einen Master mit einem dezidiert pädagogischen Profil und einem Schwerpunkt auf der Frage nach den theologisch-philosophisch-ethischen Grundlagen der Friedensbildung.“
Die Hochschule besetzt mit dem neuen friedenspädagogischen Master und ihrem 2020 gegründeten Friedensinstitut, in dessen Kontext der Studiengang entwickelt worden ist, ein Alleinstellungsmerkmal. Die Kombination von interdisziplinär ausgerichteter Forschung und dem Masterstudium im Bereich Friedenspädagogik ist deutschlandweit einmalig.
Mehr Info
- Im Interview: Karen Hinrichs, Direktorin des Friedensinstituts zur Frage, was im Studium vermittelt wird und warum Friedenspädagogik gerade in diesen Zeiten wichtig ist.
- Link zur News „Friedensbildung ist ein Qualitätsmerkmal evangelischer Bildungsarbeit“, 03.03.2022, inkl. Reden der Rektorin Prof.in Dr.in Renate Kirchhoff und Landesbischof Jochen Cornelius-Bundschuh zum Download
- Master-Studiengang Friedenspädagogik/Peace Education
Festakt zur Eröffnung des Friedensinstituts am 23. Januar 2020
Das neue Friedensinstitut Freiburg wurde am Freitag, 24. Januar 2020 mit einem Festakt mit mehr als 220 Gästen aus Wissenschaft, Politik, Kirche und Praxis eröffnet. Mit dem Institut der Evangelischen Hochschule (EH) Freiburg wird ein Schwerpunkt in der Friedensforschung gesetzt. Damit erweitert die Hochschule, die interdisziplinäre Spitzenforschung im sozialen Bereich betreibt, ihr thematisches Portfolio. Link zur News
(Fotos: Marc Doradzillo)