ev.olve - 02/2022

Kinder brauchen verlässliche und einfühlsame Bezugspersonen. Wie können pädagogische Fachkräfte auf die Bindungsbedürfnisse der Kinder eingehen? Neue Schulungs- materialien bieten eine Lösung. Herr Hohagen, was sind bindungs- bezogene Interaktionen? Generell geht es darum, dass eine päda- gogische Fachkraft den Bindungsstatus eines Kindes kennt und sein Verhalten auf dessen Bedürfnisse abstimmt. Ein klassisches Beispiel in der Kita ist der Übergang von der Gruppensituation zum freien Spielen draußen. Stellt man fest, dass diese Situation noch heraus- fordernd ist, das Kind sehr schreckhaft oder unruhig ist, dann braucht es wahrscheinlich mehr Sicherheit. Eine bindungsbezogene Begleitung fängt schon beim Schuhebinden an. Ist es üblich, dass Kita-Fachkräfte oder auch Studierende in diesem Be- reich geschult werden? Die Grundlagen der Bindungstheorie werden an der Fachschule und auch an der Hochschule theoretisch ver- mittelt. Doch für konkrete Handlungs- empfehlungen zu bindungsbezogenem Interaktionsverhalten gibt es noch keine komplexen Schulungsmaterialien. Hier docken wir mit unserem Projekt an. DieWirkung der Schulungen soll anhand videogestützter Beobachtung überprüft werden. Besteht dadurch nicht die Gefahr, dass die natürliche Interaktion verfälscht wird? Ja, das ist natürlich eine grundsätzliche Herausforderung der anwendungs- orientierten Forschung. Für dieses Projekt ist deshalb geplant, dass die pä- dagogischen Fachkräfte in Kooperation mit den Leitungskräften die Situation im gewohnten Setting der Kita filmen. Davon erhoffen wir uns, dass die Kinder natürlicher agieren, als wenn externe Filmteams in die Kita kämen. Und die Beobachtungsergebnisse sind dann aus- sagekräftiger. In Vorgängerstudien hat sich diese Methode bewährt. Für die Entwicklung der Schulungs- materialien soll auch der Aspekt der Kultursensibilität miteinbezogen werden.Was heißt das konkret? Die multikulturelle Vielfalt unserer Gesellschaft spiegelt sich in den Kitas wider. Ein aktueller Forschungsdiskurs setzt sich damit auseinander, inwiefern die Bindungstheorie auch auf Kinder aus anderen kulturellen Kontexten, die zum Beispiel eher kollektivistische Er- ziehungsstile gewöhnt sind, übertragbar ist. In bisherigen Studien findet die Viel- falt an kulturellen Bedingungen nur we- nig Beachtung. Auf diese Forschungs- lücke wollen wir bei der Entwicklung der Lehrmaterialien explizit eingehen. Lisa Joan Gabauer Beziehungen in der Kita gestalten 1 7

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