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Starke Entwicklungslinien in der personzentrierten Psychotherapie

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© panthermedia.net / photographee.eu

Die Personzentrierte Psychotherapie mit Kindern und Jugendlichen hat sich in den letzten 20 Jahren deutlich weiter entwickelt. Auf der 7. internationalen Tagung für Personzentrierte Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie an der Evangelischen Hochschule Freiburg haben sich rund 120 Teilnehmer*innen mit diesen Veränderungen befasst. Das Beziehungsgeschehen von Person zu Person, zwischen Therapeut*in und Kind/Jugendlicher wird systematischer reflektiert, es sind Handlungsleitlinien zu verschiedenen „Störungsbildern“ entstanden und es werden Erkenntnisse und Erfahrungen aus anderen Perspektiven, wie zum Beispiel der Resilienzforschung, integriert.

Die Tagung im September 2018 wurde ausgerichtet vom Verband für Personzentrierte Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie (VPKJ) in Kooperation mit dem Zentrum für Kinder- und Jugendforschung (ZfKJ) im Forschungs- und Innovationsverbund FIVE e.V. an der Evangelischen Hochschule Freiburg.

Die Weiterentwicklungen in der Personzentrierten Psychotherapie haben Konsequenzen für die konkrete Interaktion im therapeutischen Prozess und es stellen sich Fragen, wie, in welchem Zusammenhang, mit welchem Hintergrund sollen prozessstrukturierende, also aktive Interventionen seitens der TherapeutInnen erfolgen. Es gilt hierfür Orientierungen und zum Teil Kriterien auf dem Hintergrund der Entwicklungsgeschichte des Kindes und der von ihm gezeigten Selbst-Ausdrucksweisen zu realisieren – ohne, dass die „Führung“ des therapeutischen Prozesses von der TherapeutIn ausgeht. Es war Ziel der Tagung, diese Fragen vertieft zu diskutieren und damit auch zu einer Weiterentwicklung des Ansatzes und zur Selbstreflexion der anwesenden TeilnehmerInnen beizutragen.

Nach einer Eröffnung der Tagung durch Prof. Dr. Renate Kirchhoff, Rektorin der Evangelischen Hochschule Freiburg, erfolgte eine thematische Einführung durch Prof. Dr. Klaus Fröhlich-Gildhoff, der erste Ergebnisse aus einem Praxisforschungsprojekt zu Wirkfaktoren in der (Personzentrierten) Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie vorstellte und Kriterien für ein aktiveres, ja direktiveres Handeln der TherapeutIn ableitete.

Den Eröffnungsvortrag hielt Dr. Sabine Weinberger zum Thema „Personzentrierte Spieltherapie als Chance für die Persönlichkeitsentwicklung – des Therapeuten!“. Weinberger, eine der bekanntesten und profiliertesten Begründerinnen der Personzentrierten Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie in Deutschland, gestaltete diesen Vortrag interaktiv und gab den anwesenden TeilnehmerInnen immer wieder Anregungen zur Reflexion der eigenen TherapeutInnenrolle, aber auch der eigenen Entwicklungspotentiale, auch im therapeutischen Prozess.

Weitere Hauptvorträge wurden von Ruth Hobi (Schweiz) gehalten, zur Fragestellung, ob das Führen eines Therapieheftes zur personzentrierten Kindertherapie passt; von Prof. Dr. Michael Behr (Deutschland), der ein Review der Wirksamkeitsforschung zur personzentrierten – experimentellen Psychotherapie mit Kindern und Jugendlichen Erwachsenen vorstellte, sowie von Ulrike Hollick (Deutschland), die die Personzentrierte Zusammenarbeit mit Eltern in der Kinderpsychotherapie vorstellte.

Im Rahmen der Tagung wurde der Virginia-Axline-Preis vom Verband der Personzentrierten Kinder- und JugendlichenpsychotherapeutInnen – ein Zusammenschluss von AusbilderInnen/WeiterbilderInnen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz – verliehen, er ging an Madeleine Walder-Binder und Ruth Htobi aus der Schweiz, die beide ganz wesentlich die Entstehung der (Personzentrierten) Kinderpsychotherapie in der Schweiz begründet und etabliert haben und auch einen wichtigen Beitrag zur sozialrechtlichen Anerkennung des Verfahrens in der Schweiz geleistet haben. Der Virginia-Axline-Nachwuchs-Preis wurde Stephanie Jofer-Ernstberger (Deutschland) verliehen, die eine wegweisende Untersuchung zu Personzentrierten Ausbildungsstrukturen durchführte und damit neue Impulse zur Ausbildung von KinderpsychotherapeutInnen gegeben hat.

Die Tagungsthematik wurde in insgesamt zehn Workshops aufgegriffen: (1) Dr. Klaus Riedel (D), „Störungsspezifische Implikationen in der Personzentrierten Therapie mit Kinder psychisch kranker Eltern“, (2) Hildegard Steinhauser (D), „Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land – Essstörungen in der Personzentrierten Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie“, (3) Manuela Maiworm (D), „Tiergestützte Psychotherapie, unterstützt dies meine personzentrierte Haltung oder gibt es Diskrepanzen?“, (4) Stephanie Jofer-Ernstberger (D) „Es ist nicht verboten non-direktiv zu sein – Die Personzentrierte Spieltherapie im Kontext der heilpädagogischen Entwicklungsförderung“, (5) Ruth Bourgogne (CH), „At the edge: Am Rande des Gewahrseins. Personzentrierte Begegnung mit einem entwicklungstraumatisierten Kind“, (6) Marie-Luise Brückl und Neena Kurl (A), „Herausforderungen in der Therapie mit Jugendlichen angesichts der neuen digitalen Medien“, (7) Madeleine Walder-Binder (CH), „Flüchtlingskinder erzählen im Sand – Personzentriert-geprägte Begegnungen im Sandspiel“, (8) Else Döring (D), „Direktivität und Struktur in der Personzentrierten Psychotherapie mit Kindern und Jugendlichen“, (9) Christine Wakolbinger (A), „Haltgeben ab der ersten Minute… – Strukturgebende Interventionen in der Personzentrierten Spieltherapie“, (10) Dorothea Hüsson, Theresa Jakob, Prof. Dr. Michael Behr (D), „Mitspielen und nicht direktiv bleiben: Der Flow entsteht im gleichen Takt – Videobeispiele zur Praxis der Interaktionsresonanz“.

In den Workshops wurden die Verbindungen der wissenschaftlichen Fundierung der Personzentrierten Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie mit der Lebendigkeit und Vielfalt therapeutischer Praxis deutlich. Zugleich zeigte sich die große Bedeutung der Beziehungsgestaltung Person-zu-Person und die in diesem Prozess immer wieder zu treffenden Interventionsentscheidungen. Insgesamt wurde sehr deutlich, dass es lohnenswert und ertragreich ist, an diesem Thema weiter zu arbeiten; geplant ist hierzu eine Tagung im Jahr 2020 im Raum Frankfurt.

Ein Großteil der Folien befindet sich auf der Homepage des Zentrums für Kinder- und Jugendforschung unter www.zfkj.de.

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