Der Freiburger Oberbürgermeister Martin Horn löste am 28. Mai 2019 ein, was er anlässlich der Jubiläumsfeier der Evangelischen Hochschule als „Geschenk“ übergeben hatte: den Vortrag zu Mediennutzung und Demokratieentwicklung. Zu diesem Thema moderierte im Anschluss Prof. Dr. Katrin Toens eine Podiumsdiskussion. Gäste waren Martin Horn, Damaris Muth als Vertreterin der Studierenden, Jürgen Klute, ehemaliger EU-Parlamentsabgeordneter und Herausgeber des Europablogs, sowie Gernot Meier, Beauftragter für Weltanschauungsfragen der Evangelischen Landeskirche in Baden.
Toens: „Der OB-Vortrag und die Podiumsdiskussion haben an inhaltlicher Aktualität kaum relevanter sein können.“ Wenige Tage zuvor hatte ein Video des Youtubers „Rezo“ im Vorfeld der EU-Parlamentswahlen eine deutschlandweite Debatte über den Einfluss digitaler Medien auf die politische Kommunikation und den Umgang mit digitalen Plattformen ausgelöst.
Im ersten Teil der Diskussion ging es darum, wie durch digitale Medien die Kommunikation zwischen Politik und Bürgerschaft niederschwelliger gestaltet werden könnte, um damit das Interesse für politische Themen und gesellschaftliche Teilhabe zu steigern. Als Herausforderung für die Demokratieentwicklung wurde von den Podiumsgästen darauf hingewiesen, dass digitale Filterblasen auf Onlineplattformen wie Facebook, Twitter oder Youtube Polarisierung und Radikalisierungstendenzen verstärken könnten. Jürgen Klute warnte davor, gesellschaftliche Polarisierung oder politische Unzufriedenheit hauptsächlich auf den Einfluss digitaler Medien im Kontext politische Kommunikation zurückzuführen. „Im Netz stehen hinter Filterblasen und hinter gesellschaftlichen Fronten reale soziale Probleme“, so Klute, die realer Lösungen außerhalb der digitalen Welt bedürften.
Wie sich die Arbeitsfelder der pädagogischen Berufe durch den Einfluss digitaler Medien verändern, war Gesprächsgegenstand im zweiten Teil der Podiumsdiskussion. Es ging um konkrete Chancen und Herausforderungen. Zudem wurde diskutiert, wie sich Fachkräfte der pädagogischen Berufe besser auf eine digital geprägte Lebenswelt ihrer Klient*innen einstellen können.
Damaris Muth betonte, dass die digitalen Medien insbesondere für junge Nutzer*innen eine wichtige Sozialisationsinstanz und Orientierungsquelle seien. Sie forderte: „Die Fachkräfte pädagogischer Berufe müssen sich noch besser auf den gesellschaftlichen Wandel einstellen, damit sie zukünftig lebensweltorientiert arbeiten und Menschen mit Ängsten vor der Digitalisierung besser begleiten können“. Digitale Kompetenzen müssten deshalb, so Muth, „unbedingt verstärkt in die Ausbildung der pädagogischen Berufe integriert werden – nicht nur um für neue Herausforderungen besser ausgestattet zu sein, sondern auch, um Chancen der Digitalisierung besser nutzen zu können“.
Gernot Meier warb für „digitale Selbstverteidigung“. So solle jeder und jede Einzelne grundlegende technische Kenntnisse erwerben, um die Entstehungsprozesse von Online-Inhalten verstehen zu können. Meier: „Die Vermittlung von Programmierkenntnissen an alle Altersstufen könnte zum Beispiel dabei helfen, KI-gestützte Algorithmen zu entwickeln und dadurch für einen verantwortungsvollen Umgang im Netz zu sensibilisieren“.
Katrin Toens: „Die Podiumsdiskussion und die anschließenden Gespräche mit Studierenden haben uns die Bedeutung der Digitalisierung sowohl für die politische Kommunikation als auch für die Arbeitsfelder der pädagogischen Berufe verdeutlicht. Und sie haben und dazu motiviert, diesen gesellschaftlichen Wandel nicht nur passiv wahrzunehmen, sondern ihn aktiv mitzugestalten.“
Weiterführende Infos
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(Bildergalerie: Jannis Muser)