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Gute Regionalstruktur stärkt Vertrauen in Demokratie

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© PantherMedia / Martina Berg

Strukturelle Rahmenbedingungen von Regionen sind maßgeblich mit dafür verantwortlich sind, ob Bürger*innen sich engagieren, zur Wahl gehen und dem demokratischen System vertrauen – oder auch nicht. Hierzu zählt die ökonomische, die soziale und die kulturelle Situation in einer Region.

So sinkt zum Beispiel der Grad der demokratischen Integration mit steigender Bedeutung einer städtischen Siedlungsweise (Urbanität). Dies beruht vor allem darauf, dass in städtischen Siedlungsformen größere Gefahren von relativer Benachteiligung einhergehen mit einer geringeren Bedeutung von familiären Lebensformen. Denn in Regionen, in denen das Zusammenleben in Familien stärker ausgeprägt ist, ist auch die Verbundenheit mit dem demokratischen System relativ stark ausgeprägt, was sich in einer hohen Wahlbeteiligung und einem hohen Anteil ehrenamtlich Engagierter zeigt.

Monitoring im Bundestag vorgestellt

Die Bedeutung von Strukturbedingungen auf regionaler und lokaler Ebene für eine vitale Zivilgesellschaft, für Engagement als Voraussetzung für den sozialen Zusammenhalt und für Demokratie als gelebte und wertgeschätzte Staatsform ist eines der zentralen Ergebnisse, das Prof. Dr. habil. Thomas Klie im Unterausschuss Bürgerschaftliches Engagement im Deutschen Bundestag vorgestellt hat. Am 20. Mai 2020 präsentierte er das Monitoring Demokratische Integration, das er im Auftrag des Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) durchgeführt hat.

Engagementpolitk ist mehr als ein Mehrgenerationenhaus

Engagementpolitik, so die zentrale Aussage, darf sich nicht beschränken auf Mehrgenerationenhäuser, auf die Förderung von Freiwilligenagenturen und dem klassichen Ehrenamt. Professor Klie: „Engagementpolitik ist immer einzubinden in regionale Strukturpolitik“. Gleichwertige Lebensbedingungen in Deutschland lassen sich ebensowenig erhalten wie demokratiefeindlichen Tendenzen und rechtspopulistischen Dynamiken entgegnen, die regelmäßig anknüpfen an Strukturprobleme von Regionen.

Thomas Klie hofft, dass noch im Jahr 2020 eine Entscheidung über die Verstetigung des Monitorings Demokratische Integration erfolgt. Es soll vom Zentrum für zivilgesellschaftliche Entwicklung (zze), einem Forschungsinstitut im FIVE e.V. an der Evangelischen Hochschule Freiburg, gemeinsam mit dem Institut für Demoskopie in Allensbach weiterentwickelt werden.

Studierendenprojekt demokratische Resilienz

Des Weiteren arbeitet Thomas Klie im Rahmen eines Projekts mit 13 Studierenden der Sozialen Arbeit an dem Konzept der demokratischen Resilienz, das auf dem Monitoring aufbaut. Dabei werden die südbadischen Gemeinden Oberried und Eichstetten auf ihre demokratische Integration und Resilienz untersucht. Ausgewählt wurden diese beiden Orte, weil sie ihre Bürger*innen in besonderem Maß am demokratischen Prozess und an der Entwicklung der Gemeinde beteiligen.

Die Studierenden haben vier Forschungsmethoden eingesetzt. Mittels sekundärer Datenanalyse wurden zum Beispiel Durchschnittsalter und Wohlstandsniveau  in Oberried und Eichstetten erhoben und mit den entsprechenden Daten anderer Gemeinden in Baden-Württemberg und aus anderen Bundesländern verglichen.

Per Online-Umfrage konnten die Bürger*innen der beiden kleinen Orte Auskunft zu ihrer individuellen Beteiligung und zu Beteiligungsstrukturen, aber auch zu dem Einfluss der Corona-Krise auf das Miteinander geben.

Empirische Spaziergänge mit Freiwilligen aus den Gemeinden waren Bestandteil der Forschungsmethode „ethnografische Forschung“. Die Studierenden kombinierten hierbei Elemente aus Interview, biografischem Zugang sowie teilnehmender Beobachtung. Die Ergebnisse wurden in einem Erinnerungsprotokoll festgehalten.

Des Weiteren wurden mit den Bürgermeistern der Gemeinden sowie den beiden Projektkoordinatorinnen Expert*inneninterviews durchgeführt. Die Koordinatorinnen sind die Schnittstellen zwischen Verwaltung und Zivilgesellschaft. Die Studierendengruppe stellte zum Beispiel Fragen zu den Beteiligungsmöglichkeiten der Bürger*innen vor und während der Corona-Pandemie, der Rolle der Zivilgesellschaft und den früheren und aktuellen Herausforderungen durch die demografische Entwicklung, Rechtspopulismus und Corona.

Die Ergebnisse aus den Datenanalysen und Befragungen werden in einem Abschlussbericht im laufenden Jahr 2020 zusammengestellt und ausgewertet.

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