Unser Hochschul-Newsletter – jetzt anmelden!

Pflege im Zeichen von Arbeit, Geschlecht und Migration

‹ zurück zur Übersicht
Prof. Dr. Helma Lutz, Goethe Universität Frankfurt am Main; International Days 2019; Foto: Marc Doradzillo

Prof. Dr. Helma Lutz von der Goethe Universität Frankfurt am Main hat die International Days 2019 mit ihrem Vortrag über die Analyseperspektive der „Intersektionalität“ eröffnet. Die mehrheitlich englischsprachigen International Days an der Evangelischen Hochschule waren erstmals ein Angebot für Studierende und Lehrende aller drei Bachelor-Studiengänge sowie der Master-Studiengänge Soziale Arbeit und Sozialmanagement.

Am Beispiel von in der häuslichen Pflege tätigen Migrantinnen zeigte Lutz den Zusammenhang von Migration, Geschlechter- und Arbeitsverhältnissen auf. Damit machte sie deutlich, dass die Pflege von Eltern und Großeltern nicht allein eine moralische und persönliche Frage sei. Sie sei Teil transnationaler Zusammenhänge und sich verändernder Geschlechterarrangements. Der Nutzen von „Intersektionalität“ als Analyseperspektive der Verwobenheit von Macht- und Diskriminierungsverhältnissen – etwa aufgrund von Geschlecht, Nationalität oder Herkunft, ökonomischen Möglichkeiten, sexueller Präferenz und Identität, körperlichen Fähigkeiten oder rassistischer Platzierung – wurde am Beispiel „Pflege“ verständlich. Ebenso die Notwendigkeit, transnationale Bedingungen in den Blick zu nehmen.

Rektorin Prof. Dr. Renate Kirchhoff betonte, dass der Kontakt zu Lehrenden und Studierenden ausländischer Partnerhochschulen und Einrichtungen nicht allein der Information zum Beispiel über rechtliche und soziale Strukturen in anderen Ländern diene, sondern dass es vor allem um das Einüben des Perspektivenwechsels gehe. Dieser „erhöht die Fähigkeit, Qualität zu entwickeln“, so Kirchhoff. Zudem führe der internationale Kontakt dazu, die Internationalität von Forschung und Fachpraxis zum Gegenstand der Reflexion zu machen und die Beteiligten zu befähigen, die sozialen Perspektiven in die politische Gestaltung von Zusammenleben in Deutschland, in Europa und weltweit einzubringen. Kirchhoff: „Eine so verstandene Internationalisierung zielt auf die Befähigung zur Übernahme von Verantwortung für die Mitgestaltung von Zusammenleben in Deutschland und der globalen Welt.“

Der Transfer der von Helma Lutz vorgebrachten Inhalte in die jeweilige professionelle Ausrichtung wurde von Studierenden und Dozierenden der Bachelor-Studiengänge Soziale Arbeit, Religionspädagogik / Gemeindediakonie sowie Pädagogik der Kindheit in Workshops geleistet. So konnten Studierende zum Beispiel in den Handlungsfeldseminaren „Einwanderungsgesellschaft“ und „Sozialräumliche Perspektiven in der Migrationsgesellschaft“ (Soziale Arbeit) mit Lutz in die vertiefende Diskussion gehen. Dabei wurden alternative Möglichkeiten, Care Arbeit in der Gesellschaft zu organisieren, ohne traditionelle Geschlechterverhältnisse zu reaktivieren, noch sie transnational als schlecht bezahlte Arbeit auszulagern, diskutiert.

Das Konzept der International Days ist an das jeweilige Curriculum der Studiengänge angelehnt. So kann das neu erworbene Wissen unmittelbar in den regulären Seminargruppen diskutiert werden. Prof. Dr. Beate Steinhilber: „Irritationen über ungewohnte Sichtweisen der internationalen Referent*innen oder widersprüchliche theoretische Ansätze sind ausdrücklich erwünscht. Sie können vor allem zur Entfaltung eigener Positionierungen gewinnbringend bearbeitet werden. Die Studierenden profitieren davon für ihre jeweilige professionelle Entwicklung.“

Die Geschichte und Zukunft der Sozialen Arbeit in Europa war Thema des zweiten Hauptvortrags. Prof. Zofia Waleria Stelmaszuk von der erziehungswissenschaftlichen Fakultät der Universität Warschau beleuchtete unterschiedliche Entwicklungsverläufe zwischen West- und Osteuropa nach Ende des Zweiten Weltkrieges. Sie stellte unter anderem die in Westeuropa wenig bekannten Pionierinnen wie Alice Masaryková (Tschechoslowakei), Helena Radlińska und Irena Sendler (Polen) vor. Die Pionierinnen der Sozialen Arbeit waren in ihren Herkunftsländern prägend und international sehr gut vernetzt. Steinhilber: „Ihr Vorbild kann Ansporn für zukünftige Generationen sein, die weltweite und öffentlichkeitswirksame Zusammenarbeit der Profession zu pflegen und zu verstärken“.

Dozierende der Evangelischen Hochschule waren im Rahmen von Team-Teaching mit den internationalen Kolleg*innen in die International Days eingebunden. Gemeinsame Publikationen und Forschungskooperationen sind bereits als Ergebnis des Austauschs im Gespräch.

Mehr Info zu den International Days

 

 

Wir verändern Gesellschaft