ev.olve - 01/2022

Der Kollege hat mit Nena Helfferich den 2005 akkreditierten, forschungs- orientierten Master-Studiengang Soziale Arbeit gestartet Für Nena Helfferich war „Professorin“ kein Beruf, sondern eine Lebensweise. Das ist mir unglaublich sympathisch, auch wenn ich es nicht als den für jeden richtigenWeg bezeichnen will. Diesem Umstand verdanken wir viel: als Gesell- schaft, alsWissenschaft(en), als Hoch- schule. 2005 den forschungsorientierten Master-Studiengang Soziale Arbeit zu entwickeln – das war imWortsinn bahn- brechend und damals weit der Zeit voraus. Wenn ich daran denke, mit wie viel Engagement sie nach individuellen Lösungen für Studierende suchte, im- poniert mir das noch heute. Für eine Spitzenwissenschaftlerin wie sie ist die Begeisterung für Lehre und Nachwuchs- förderung nicht selbstverständlich. Nena und ich hatten unterschiedliche Forschungsinteressen und -zugänge. Auch strategisch waren wir uns nicht immer einig und konnten uns auch trefflich streiten. Doch wenn ich sie sonntags um 17:45 Uhr anmailte und sie erst um 19:45 Uhr antworten konnte, entschuldigte sie sich erst mal für die späte Antwort. Wir mochten uns. Un- längst hat sie mich mit Blick auf unsere Zusammenarbeit als „Verwandten im Geiste“ bezeichnet – diese Rückmel- dung zählt zu den mir wertvollsten, die ich an unserer Hochschule bekommen habe. × Prof. Dr. habil. Björn Kraus Die frühere Studentin ist seit 2015 als Forschungsreferentin an der EH Freiburg tätig: Für sie verkörperte Cornelia Helfferich Wissenschaft Nena Helfferich hat mich auf meinen wissenschaftlichenWerdegang gebracht und viele Jahre während des Master- Studiengangs Soziale Arbeit an der Evangelischen Hochschule begleitet. Ich habe sie als beeindruckendes Vorbild für wissenschaftliches Denken, Arbeiten und Schreiben erlebt. Sie verkörperte Wissenschaft. Ihre authentische Lei- denschaft für die empirische Sozialfor- schung, insbesondere für die qualitative Forschung, war ansteckend. Von ihr lernte ich, mir die Frage zu stellen: Was ist meine (auch ethische) Aufgabe als Forscherin? Für welche (vulnerablen) Personengruppen setze ich mich ein? Auf welche Schieflagen fokus- siere ich mich – und welche Lösungen zeige ich auf? Sie bleibt mir als großartige Lehrmeiste- rin in Erinnerung. × Dr.in Stefanie Pietsch Der FIVE-Vorstandsvorsitzende war beeindruckt von Nena Helfferichs „schwesterlicher Autorität“ Studieren- den gegenüber Ich war Vorsitzender des Berufungsaus- schusses, als Nena Helfferich Anfang der 1990er Jahre an die Hochschule kam. Ihre unbestechliche und enga- gierte Art hat mich sofort erreicht. Wir wollten sie unbedingt haben, zusammen mit Christoph Student, der heute ein führender Palliativmediziner ist. Denn ihre gender- und frauenpolitische Kom- petenz fehlte uns bis dato, ihre Themen wurden vernachlässigt und schon gar nicht politisch verfolgt. Nena zeichnete innere Gelassenheit und robuste Kollegialität aus. Sie war sehr konsequent in ihren Positionen. Macht- spiele unter Kolleg*innen dechiffrierte sie sofort. Sie kämpfte dafür, Hierar- chien nicht unter Machtgesichtspunkten zu nutzen, sondern immer in den Dienst der Hochschule zu stellen. Ich erinnere mich daran, wie wir beide auf dem Flachdach der Hochschule standen: dort, wo wir später den Forschungspavillon für unsere expandie- renden Institute bauten. „Wir sind der Kirche aufs Dach gestiegen“, war unser ironisches Bild für diesen Coup. Ohne unsere und ihre Bereitschaft, Forschung auch unternehmerisch in die Hand zu nehmen – mit allen Risiken, wäre SoFFI F. und der Forschungsverbund FIVE nie zu der bundesweiten Anerken- nung gelangt. × Prof. Dr. habil. Thomas Klie Die Rektorin der EH Freiburg vertraute auf Nena Helfferichs Wissen zu hoch- schulpolitischen Fragen Nena Helfferich hat wesentlich den Bolognaprozess an der Evangelischen Hochschule umgesetzt – immer darauf bedacht, ihn für einen begleiteten, aber selbstständigen Kompetenzerwerb der Studierenden zu nutzen. Bologna hat das Studium zunächst verschult. Sie hat jedoch die Studierenden gefordert, hat Leistungsbereitschaft vorausgesetzt – und sie war bereit, dafür selbst Mehr- arbeit durch ausführliche Rückmeldung zu erbringen. Wir brauchen Profes- sor*innen, die Studierenden etwas zutrauen und auch zumuten! Denn wir qualifizieren für Tätigkeiten, in denen es auf die Fähigkeit zur reflektierten Ver- antwortungsübernahme ankommt. Das muss man wollen und können. Auch in der Hochschulselbstverwaltung und -entwicklung hat sie sich über viele Jahre verlässlich und mit großem Weitblick eingebracht. Ihr Interesse war, dass die Hochschule in der Konkurrenz um gute Studierende, exzellente Leh- rende und Forschungsprojekte punktet. Eine zielgerichtete Umsetzung der Entwicklungsprozesse, die Qualität der Curricula und hohe Forschungsstandards waren ihr wichtig. Für halbe Sachen war sie nicht zu haben. Das mag typisch für sie gewesen sein, verbunden mit einer Dynamik und einer Liebe dazu, auf genau dieseWeise ihr Leben führen zu wollen. × Barbara Hirth, Rebekka Sommer Prof.in Dr.in Renate Kirchhoff Die Leiterin der Unterabteilung Gleichstellung im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend erlebte eine höchst integre Wissenschaftlerin „Kämpfe für die Dinge, die dir wichtig sind, aber tu es so, dass andere dich unterstützen wollen“ – diesen Aus- spruch der amerikanischen Juristin und Frauenrechtlerin Ruth Bader Ginsburg verbinde ich mit demWirken von Cornelia Helfferich. In den letzten Jahrzehnten hatte ich mehrfach das Vergnügen, an unterschiedlichen Stellen und Baustellen von gleichstellungs- und menschenrechtlichen Fragestellungen mit dieser wunderbaren, höchst integ- ren und unvoreingenommen neugierigen Wissenschaftlerin zusammenzuarbeiten. Sie hat unglaublich viel für die Überset- zung von wissenschaftlichen Befunden in gleichstellungspolitisches Handeln und in die Fundierung von Gleichstel- lungspolitik getan – und damit dafür, dass Gleichstellungspolitik besser ver- standen und breiter unterstützt wird. × Dr.in Birgit Schweikert Die Leiterin der Außenstelle von SoFFI in Berlin erinnert sich an den „großen Tisch“ – für Nena Helfferich einer der liebsten Orte für kreative Prozesse Mit Nena Helfferich habe ich seit 2002 zusammengearbeitet. Unser erstes Forschungsprojekt war die Studie zum Unterstützungsbedarf von Frauen nach polizeilicher Intervention bei häuslicher Gewalt. Da lernte ich ihre Methode der rekonstruktiven Interviewauswertung kennen. Ich war begeistert, aber in all den folgenden Jahren ist es mir nie gelungen, Muster in den Interviews so rasch und zutreffend zu erkennen, wie Nena das konnte. Wir saßen um den Tisch und werteten aus – der große Tisch war eines ihrer liebsten Instrumen- te, ob im Institut, bei ihr zu Hause oder bei mir in Berlin. Die jungen studenti- schen Mitarbeiter*innen wurden gleich- berechtigt in die Arbeit einbezogen und konnten in den Projekten viel lernen. Wir „alten Häsinnen“ – wie Nena gerne sagte – vermittelten ihnen die Offenheit, die es braucht, wenn es um Lebens- geschichten von Menschen geht, die diskriminiert werden und von Gewalt betroffen sind. Nena ging es immer darum, zu ver- stehen und aus dem Verstehen Konse- quenzen für die Praxis und die Politik zu ziehen. Sie hat mich, sie hat das gesam- te Team von SoFFI F. mit ihrem brillanten Intellekt und ihrer Empathie für die Betroffenen von Gewalt beeindruckt. Ich denke in Zuneigung und Dankbarkeit an sie. × Prof.in Dr.in Barbara Kavemann ev.olve 3 2 3 3 Cornelia Helfferich

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