Tobias Hauck wurde im März 2022 auf die Professur Ökonomie für die Soziale Arbeit berufen. Sein Interesse für wirtschaftliche Zusammenhänge wurde als Kind auf der Tankstelle seiner Großeltern geweckt. Heute befasst sich der 29-Jährige mit Verteilungs- und Befähigungsgerechtigkeit.
Berührungspunkte mit Wirtschaft hatte Tobias Hauck schon in der Kindheit. „Mit meiner Oma habe ich oft Monopoly gespielt“, erinnert er sich. In den Gesprächen mit ihr spielte auch das Wirtschaften im echten Leben eine Rolle. Die Großeltern hatten zuerst eine Tankstelle im Schwäbischen, später einen Supermarkt, und „sie hat immer das Büro gemacht“. Dass auf die Tankstelle ein Supermarkt folgte und dieser Vollsortimenter später nicht mit Lidl und Aldi konkurrieren konnte, hat möglicherweise Haucks Interesse an Märkten und wirtschaftlichen Zusammenhängen geweckt. Auf dem Gymnasium wählte er später Wirtschaft als Leistungskurs. Als sich seine Schule im Landkreis Heilbronn einmal für ein Projekt drei Tage lang in einen Staat verwandelte, war er der Finanzminister. „Wir hatten eine eigene Währung und mussten uns Gedanken machen, was mit ihr passiert, wenn sie nichts mehr wert ist: Verjubeln die Leute alles, kommt es zu Fälschungen?“ Solchen Wechselwirkungen zwischen Ökonomie, Politik und Gesellschaft spürt der Professor heute immer noch nach, wenn er sich mit Verteilungsgerechtigkeit, Befähigungsgerechtigkeit oder Schwachstellen im Steuersystem befasst.
Mich hat nicht abgeschreckt, dass es eine kirchliche Hochschule ist.
Bachelor in Tübingen, weitere Schritte in München
Nach der Schule war für Tobias Hauck klar, dass er Wirtschaft studiert. Durch seine Tätigkeit als Fußballschiedsrichter in der Jugend-Bundesliga waren Optionen in der Nähe am sinnvollsten. Es wurde der Studiengang „International Economics“ in Tübingen. Grundlegend gezweifelt hat Hauck während der Bachelor-Zeit eigentlich nur einmal – als er einen Französischkurs in den Sand gesetzt hatte. Aber alles in allem bedeutete Tübingen für ihn: eintauchen und vertiefen. Parallel wurde der Radius größer: Während des Bachelors war Hauck ein halbes Jahr in den USA, an der California State University San Marcos. Für seinen Master zog es ihn nach München. An der Ludwig-Maximilians-Universität München machte er als Tutor erste Erfahrungen in Sachen Lehrkompetenz, auf die er später, als Lehrbeauftragter an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, aufbauen konnte. Als Münchner Master-Student mit Hiwi-Stelle bekam Hauck neue Einblicke in die Forschung und in den Wissenschaftsbetrieb. Andreas Haufler, der Professor, der ihn als Hilfskraft einstellte, wurde später sein Doktorvater. „Ich habe diese Evolutionsstufen in einem Setting gemacht, das sehr wertschätzend war“, sagt Hauck rückblickend über den Ort, an dem er promoviert hat.
Viele Gründe für die EH Freiburg
Die gute Atmosphäre im Bewerbungsprozess war auch ein Argument für die Professur in Freiburg – eines von vielen. Zur Heimatverbundenheit kam, dass Haucks Freundin gebürtige Freiburgerin ist. Als Akademiker überzeugten ihn das Programm, die Forschungsstärke, die Perspektive und das Modell Tandemprofessur. So ist er zu 50 Prozent als Hochschulprofessor tätig und zu 50 Prozent beim Sozialwissenschaftlichen Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland (SI EKD). Dort ist er in das Projekt „Ökonomie und Digitalisierung in der Sozialwirtschaft“ eingebunden. Als jemand, der auch in der Privatwirtschaft arbeiten könnte, freut er sich über die enge Vernetzung mit den Unternehmen. „Mich hat nicht abgeschreckt, dass es eine kirchliche Hochschule ist“, fügt der Katholik Hauck an, der mit kirchlicher Jugendarbeit aufgewachsen ist. „Bei uns war damals klar: Dienstag ist Fußball, Mittwoch sind Ministranten. Ich habe noch einige Freundschaften, die auf diese Zeit zurückgehen.“
Ich habe diese Evolutionsstufen in einem Setting gemacht, das sehr wertschätzend war.
Ungleichheiten untersuchen
Ökonomie und Soziale Arbeit – für Hauck passt das gut zusammen. „In der Sozialen Arbeit sind die Ressourcen oft knapp. Ich kann die systemischen Gründe dafür untersuchen, etwa die Finanzierungsstrukturen.“ Auch für Pflegedienste, die Diakonie oder die Johanniter seien Planung, Organisation und Effizienz wichtig – klassische ökonomische Aspekte. Sich selbst sieht Hauck weder als reinen Analysten noch als rein wertegetriebenen Politökonomen: „Das sind keine Gegensätze, beide Dimensionen gehören dazu.“ Ungleichheiten treiben ihn um – so oder so. „Wie finanzielle Bildung Ungleichheiten reduzieren kann …“ war der Titel seiner Antrittsvorlesung im vergangenen Juli. Darin sprach er über Menschen, die darauf verzichten, eine Steuererklärung abzugeben. Wie Hauck zeigte, werden dann Geringverdiener oft benachteiligt. 2014 gab es in Deutschland über 2 Millionen Betroffene. Ein Stichpunkt hieß „Enttabuisierung von Finanzthemen“. Sollte Hauck demnächst mal im Fernsehen diskutieren, könnte das als Slogan neben seinem Namen stehen.
(Dirk Nordhoff)
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